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Großes Thema: " Boden"

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Der Boden, von und aus dem wir leben, könnte eigentlich eines unserer wichtigsten Themen im Leben sein.

Auf jeden Fall ist es ein ungLaublich spannendes und, in schockierend fortschreitendem Maß, auch traurig machendes Thema. Oder wachrüttelndes?

Es gibt hier ja schon viele Beiträge zu Boden, Tree @andreamast hat z. B. an verschiedensten Orten dazu schon viel berichtet. Aber vielleicht lohnt sich doch ein eigener Thread, denn die Beiträge sind ja eher verstreut. Ich poste hier als Einstieg einen Text, den ich vor zwei Jahren auf Facebook in der Gruppe "Drei-Zonen-Landwirtschaft" gepostet habe (damals, als ich so etwas noch tat). Sozusagen als "Impulsreferat" :-) .

Viele Aspekte fehlen. Zum Beispiel finde ich als bekennende Kuh-Liebhaberin die Beziehung von Tieren (v. a. Rindern) und gesundem Boden sehr spannend. Auf den richtigen Flächen ist nämlich weder "die Kuh ein Klimakiller" noch wird der Boden eutrophiert - extensive Weiden auf denjenigen Flächen, die eben NICHT für Ackerbau geeignet sind, sind großartige und vielfältige Lebensräume. Na, und so weiter.

Stirbt der Boden, sterben wir. Ist eigentlich ziemlich einfach. Und guter Grund, ab und zu da hinzugucken.

Simbienchen, tree12 und 3 andere Benutzer haben auf diesen Beitrag reagiert.
Simbienchentree12EvyDorotheeGsaelzbaer
Nachdenken über Boden
- veröffentlicht auf Facebook als "Selma Ziege" 2019 in der Gruppe "Drei Zonen Landwirtschaft" von David Seifert
„Herkunft“ dieser Gruppe ist ja das Drei-Zonen-Prinzip von Markus Gastl, in dem es um größtmögliche Artenvielfalt bei einem geschlossenen Ressourcenkreislauf geht. Für den Bereich der Pflanzen gilt dabei: Wer Vielfalt will, braucht magere Böden.
Ist die Übertragung des „Hortus-Prinzips“ auf Landwirtschaft dann einfach „das Gleiche in groß“?
Gestern war ich bei einer Veranstaltung mit dem Titel: Vortrag mit Diskussion zum Thema "Böden besser schützen - weniger Flächen verbrauchen" (Vortrag vom 29.11.2019 in Tübingen, Veranstalter: Bürgerprojekt Zukunft Tübingen – neu denken, anders handeln, Arbeitsgruppe Landwirtschaft/Natur).*
Der Input zum Thema war für jemanden wie mich, die sich damit nicht auskennt, ziemlich komplex. Und mir ist dabei noch einmal sehr deutlich geworden, dass es keine eindimensionale „Lösung“ für eine zukunftsfähige Landwirtschaft gibt – so viele Themen, das zeigte sich spätestens in der Diskussion deutlich, sind eng miteinander verflochten. Was sie alle vereint: Es geht um die Konkurrenz um Boden.
Einige Fakten und anknüpfende Überlegungen aus dieser Veranstaltung, die mir gestern (be-) merkenswert erschienen, will ich hier mit euch teilen. Ich liste sie ungeordnet auf, wie ich sie für mich begriffen habe!
- Sprechen wir von Artenvielfalt pro m², meinen wir i. d. R. das Leben ÜBER der Erdoberfläche. Über das Leben DARUNTER und seine Vernetzung wissen wir bisher äußerst wenig.
- In der Landwirtschaftsverwaltung gibt es „Gütestufen“ für Böden – die meisten dieser Bodenkarten fußen auf der Reichsbodenschätzung von 1936 und richten sich in der Hauptsache nach dem Ertrag, den diese Böden hervorbringen. Kategorie 1 sind die guten und sehr guten Ackerböden.
- Täglich werden riesige Flächen in Deutschland neu versiegelt. Diese „Umwidmung“ des Bodens geschieht in nicht geringem Maßstab zu Lasten dieser sehr guten Ackerböden (weit weniger z. B. zulasten des Waldes), obgleich die Verwaltung betont, dass diese unbedingt erhalten werden müssten. Dieser Wunsch mündet aber in keine konkrete Verwaltungsvorschrift, sodass täglich beste Böden bebaut werden.
- De facto bedeutet „Umwidmung“ von Boden i. d. R. Verlust bzw. Abtöten von Boden.
- Um Böden konkurrieren Wohnbebauung, Straßen, Gewerbeflächen Flughäfen... – Landwirtschaft – Artenschutz, Naturschutz
- Bericht eines anwesenden Bio-Landwirts: Wird auf einen relativ guten Boden reifer Mist und Kompost ausgebracht und leicht eingearbeitet, ist der Boden im nächsten Jahr humos und noch besser. Bringt er den Mist auf einen bereits ausgelaugten, schlechten Boden, so kommt dieser im Frühjahr sozusagen „unverdaut“ wieder herauf.
- Einen guten Boden schlecht zu machen, geht leicht. Einen Boden, der seine Humusschicht und damit das Bodenleben verloren hat, wieder zu verbessern, geht entweder überhaupt nicht oder dauert viele Jahrzehnte. Hier ist ein Plädoyer für Aufklärungsarbeit: Wir sind in Deutschland (durchschnittlich, natürlich nicht überall) mit ausgezeichneten Böden in einem ausgezeichneten Klima gesegnet. Wir sollten beides schätzen und schützen!
- Was ist im Sinne der Landwirtschaft und im Sinne der Bodengütestufen ein „GUTER“ Boden?
Geht es hier einfach um ein Substrat, das dazu da ist, Pflanzen zu halten, oder spielt die LEBENDIGKEIT des Bodens, der Anteil des Bodenlebens, eine Rolle? Für die Agrarverwaltung sowie die konventionelle Landwirtschaft ist dies überhaupt kein Thema, für den Biolandwirt ein sehr wichtiges.
- Bericht des Landwirts: Wird eine Wiese umgebrochen in Ackerland (was er aus Naturschutzgründen nicht befürworte), könne er im Öko-Anbau mehrere Jahre darauf ohne Verluste anbauen, so wertvoll sei dieser über lange Zeit gewachsene Boden.
- Bericht des Landwirts: Sein Anliegen sei, über einen Stoffkreislauf die Bodenfruchtbarkeit und den Humusanteil zu erhalten und leicht aufzubauen. Im konventionellen Bereich übernehme ausgebrachter Mineraldünger die Nährstoffversorgung mit entsprechenden Folgen für die Bodenfruchtbarkeit.
- Aufbau von Humus ist ein Beitrag zum Klimaschutz. Andersherum: Die Zerstörung der Humusschicht setzt große Mengen CO2 frei.
- Der Ertrag pro Fläche ist im Bio-Landbau geringer (ca. 45-50 dz/h zu 70-80 dz/h(?)).
- Wenn ein bestimmter Anteil von Bio-Landwirtschaft (z. B. 30-40 %) angestrebt wird – sollten die „sehr guten Böden“ dann nicht vorrangig SO bewirtschaftet werden?
- Boden habe gegenüber dem Naturschutz keine Lobby, so eine These zur Diskussion.
- Ein besonderer Schutz guten Ackerlands ist nötig, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Werde z. B. über Ackerland eine vierspurige Straße gebaut, sei der Bauer gezwungen, auf den denn verbleibenden Flächen immer intensivere Landwirtschaft zu betreiben, so eine Stimme.
- Regional gesondert zu betrachten, aber in der Tendenz deutschlandweit: Immer mehr Ackerland ist NICHT im Eigentum der bebauenden Landwirte und NICHT dem der Kommunen. Landspekulation findet in großen Maßstab hier und heute auch in Deutschland statt. Gerade mit Böden der Kategorie 1 lassen sich immense Geschäfte machen! These: Land in der Hand der Kommunen oder Bauern ließe mehr Spielraum in der Art der Bewirtschaftung und mehr Anreize zu regionaler Nachhaltigkeit.
- Effiziente Bewirtschaftung führe zu immer größeren Monokulturen. Wo früher auf einem Hektar eine Vielzahl von Feldfrüchten wuchsen, stehen nun 100 Hektar Mais. Für die Artenvielfalt allgemein, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit insbesondere für die des Bodens, ist dies ein immenses Problem.
- Bericht des anwesenden Landwirts: Es gehe nicht darum, bio gegen konventionell auszuspielen. Aber mit massiver Intensivierung gehe „normales“ landwirtschaftliches Wissen verloren, z. B. sinnvolle Fruchtfolgen, gegen die auch im konventionellen Anbau ja nichts sprechen müsste.
- Besonderheit hier in Tübingen: Die Stadt wächst in rasantem Tempo, Nachverdichtung gerät an ihre Grenzen. Wenn nun die „guten Böden“ kommunal besonders geschützt werden – was bedeutet dies für die „übrigen“ Flächen? (In der Hauptsache Streuobstwiesen, Weinberge, Weinberg-Sukzessionsflächen (ehemalige Weinberge mit Trockenmauern, die nicht mehr bewirtschaftet werden) und weiteres Ackerland – z. T. (noch) relativ artenreiche Habitate). Hier gibt es eine deutliche Kollision mit dem Naturschutz.
Bei dieser Veranstaltung ging es in der Hauptsache um Ackerböden – bezogen auf die „drei Zonen“ also die Ertragszone.
Trotzdem finde ich diese Gedanken dazu wichtig, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was für Bauern, die einigermaßen auskömmlich wirtschaften wollen, eine Rolle spielt, wenn sie mit der Forderung nach mehr Artenschutz konfrontiert werden und zur Anlage von Gehölzgruppen, Hecken, breiten Rainen, der Reduzierung von Düngemitteln, Herbi-, Fungi- und Insektiziden usw. „aufgefordert“ werden.
Ich denke, dass es wichtig ist, in jedem Einzelfall genau hinzuschauen, von welchen Flächen und welchen BÖDEN wir jeweils sprechen.
Zugleich sehe ich hier auch eine Chance: Für die Artenvielfalt „interessieren“ uns eher magere Standorte, für die Landwirtschaft, wo sozusagen ständig „abgemagert“ wird, eher die nährstoffreichen.
Allerdings gilt es genau hinzuschauen: Nährstoffreich bedeutet ja nicht automatisch humos, nährstoffarm nicht humusarm.
Ich könnte mir vorstellen, dass hier regional ganz unterschiedlich geschaut werden muss, und dass auch die „Forderungen“ des Naturschutzes an die Landwirtschaft unterschiedlich sein MÜSSEN.
Das macht die Sache nicht weniger komplex 😉.
*Impulsreferat Willfried Nobel, bis 2016 Professor für Ökologie, insbesondere Siedlungsökologie der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Er war Regionalrat im VerbandRegion Stuttgart und ist LNV-Referent für Flächenverbrauch und Bodenschutz
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Simbienchen, Kai und 4 andere Benutzer haben auf diesen Beitrag reagiert.
SimbienchenKaitree12DorotheeGsaelzbaerAmarille

Hm, das geheime Forumsprogramm hat die Absätze entfernt, so ist es leider schwer zu lesen... vielleicht ist der Text zu lang.

Heute gehört und sehr empfehlenswert:

https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/verwuestung-wenn-boden-nutzlos-wird/1831672

tree12 und Dorothee haben auf diesen Beitrag reagiert.
tree12Dorothee

Boah, ja großes Thema und in weniger Worten als deine auch kaum zu bewältigen.

In der Landwirtschaft gibt es natürlich die gegenteilige Frage mit Vielfalt und mageren Böden.

Markus wohnt in einer extrem fruchtbaren Gegend in der die Magerstandorte sehr rar sind.

In so einer Gegend sind die Magerstandorte eine große Bereicherung.

Trotzdem sind fruchtbare Böden extrem wichtig für unsere Ernährung und wir müssen schauen diese zu erhalten und zu schützen.

Der Schutz dieser Anbauflächen ist wichtig und sollte nicht durch schlechte Wirtschaft oder Bebauung zerstört werden

Simbienchen, tree12 und 3 andere Benutzer haben auf diesen Beitrag reagiert.
Simbienchentree12PrimulaverisDorotheeGsaelzbaer

Finde ich super, Primulaveris

Dankeschön...

Auch für mich ein sehr wichtiges Thema, darum pflege ich meine Böden und hege meine Beete mit solch einer Inbrunst.

Ohne die lebendige Schicht keine lebendige Böden, ohne lebendige Böden keine gesunde Böden, ohne gesunde Böden kein gesundes Gemüse....

Kai, tree12 und 3 andere Benutzer haben auf diesen Beitrag reagiert.
Kaitree12PrimulaverisDorotheeAmarille
" Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann -tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde! "

Ich glaube, ich hatte dieses Video vor längerer Zeit schon einmal hier ins Forum gestellt.

Ist zwar schon älter, aber ich finde es nach wie vor klasse und aktuell

Simbienchen, Kai und Primulaveris haben auf diesen Beitrag reagiert.
SimbienchenKaiPrimulaveris
Und wärend die Welt ruft ... Du kannst nicht alle retten! Flüstert die Hoffnung ... Und wenn es nur einer ist... Versuch' es! Sylvia Raßloff

Ach, super! So stelle ich mir Landwirtschaft vor... So ein Empfinden und Verständnis für Land und das Leben darin, wenn das in Politiker:innen, Landwirt:innen und überhaupt den Menschen wieder aufgeweckt werden könnte... Tolles Video.

Zitat von am 11. November 2021, 18:44 Uhr

Boah, ja großes Thema und in weniger Worten als deine auch kaum zu bewältigen.

In der Landwirtschaft gibt es natürlich die gegenteilige Frage mit Vielfalt und mageren Böden.

Markus wohnt in einer extrem fruchtbaren Gegend in der die Magerstandorte sehr rar sind.

In so einer Gegend sind die Magerstandorte eine große Bereicherung.

Trotzdem sind fruchtbare Böden extrem wichtig für unsere Ernährung und wir müssen schauen diese zu erhalten und zu schützen.

Der Schutz dieser Anbauflächen ist wichtig und sollte nicht durch schlechte Wirtschaft oder Bebauung zerstört werden

Ja, da habe ich mir auch schon manchmal das Gehirn verknotet: Da gibt es auf der einen Seite die Eutrophierung der Landschaft, die ein echtes Problem ist, besonders durch den Luftstickstoff. Auf der anderen Seite geht weltweit und auch hierzulande die Bodenfruchtbarkeit fast überall zurück. Beides stimmt. Es gleicht sich eben nicht aus, nach dem Motto, ist doch gut für die Artenvielfalt, wenn die Böden schlechter werden. Und Nährstoffeintrag allein macht außerdem noch lange keinen Humus, Dünger macht keinen Boden. Unsere eiszeitlichen Böden sind unter Bedingungen über Jahrtausende entstanden, die wir nie würden simulieren können. Es geht einfach nicht.

Ich denke, es liegt ja nicht am fruchtbaren Boden, wenn in einer Gegend die Artenvielfalt zurückgeht, sondern am Zerstören der Strukturen in der Landschaft. Das fand ich gerade im von Doro verlinkten Video toll erklärt mit den Zwischenräumen, in denen das Leben tobt. Und dem Beispiel steile Böschung im Weinberg: Magerer, völlig anderer, vielfältiger Lebensraum als auf der fruchtbaren Terrasse direkt daneben. Und der Hortus insectorum ist eine Riesenfläche voller Zwischenräume.

Simbienchen, tree12 und Dorothee haben auf diesen Beitrag reagiert.
Simbienchentree12Dorothee

Eigentlich beschämend das über so ein Thema gesprochen werden muss, da der Boden für jeden Menschen das wichtigste, neben Wasser, für sein Leben ist. Für jeden Landwirt und Gärtner sollte guter Boden und dessen Erhalt das wichtigste sein, immerhin seine Lebensgrundlage. Jeder Häuslesbauer stellt sein Haus auf eine Bodenfläche die vorher Acker, Garten oder Wiese war, sollte es nicht selbstverständlich sein das wenn man was nimmt auch wieder etwas zurück gibt. Logischerweise müsste dann jeder Hausgarten ein Naturgarten sein, ist aber nicht so, denn in einem Naturgarten könnte nicht der Rasenrobbi arbeiten, sondern man müsste selbst was tun. Ich könnt bei dem Thema richtig in Rage kommen . Danke für das Thema und den informativen Bericht.

Simbienchen, tree12 und 2 andere Benutzer haben auf diesen Beitrag reagiert.
Simbienchentree12PrimulaverisDorothee
Wer die Saat hat, hat das Sagen
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