2011 kauften mein Mann und ich unser Haus auf einem Grundstück mit 5,5 ar in Ortsrandlage. Der früher sehr gepflegte und schön angelegte Garten war verwildert und wurde von uns Stück für Stück umgestaltet. Leider waren wir mit Begriffen wie Permakultur absolut noch nicht vertraut, das 3-Zonen-Modell gab´s noch nicht und wir legten wie von unseren Eltern erlernt einen gepflegter Vorzeigegarten an. So manches Wertvolle viel dieser Säuberung zum Opfer und im Nachhinein gesehen müssen wir feststellen, wir haben genau die falschen Pflanzen entfernt, um für das Überleben der Pflanzen zu kämpfen, welche gar nicht hierhergehören. Wir wussten es noch nicht anders!
Hinter dem Haus in Südwestlage liegt unsere Terrasse mit 15 Meter Blumenkübeln und angrenzender Rasenfläche – unsere Wohlfühloase! Vor dem Haus eine ca 100 m² große Rasenfläche, für die wir keinen rechten Nutzen hatten, liegt sie doch direkt an der Straße und ist recht einsichtig. Diese Fläche vegetierte so vor sich hin, mangels Düngung mehr Moos wie Gras. Im absolut trockenen Jahr 2018 haben wir nicht mal mehr gemäht und auf einmal wuchsen jede Menge neuer Pflanzen wie Wild-Oregano, Nachtkerze und Disteln (diese wurden früher stets sofort ausgestochen).
Im Sommer 2018 wurde ich zufällig auf das Hortus-Netzwerk aufmerksam und das Fieber hatte mich sofort gepackt. Endlich wusste ich, wozu unser Stückchen Erde vor dem Haus Nutzen hatte und die Bilder entstanden von selbst in meinem Kopf! Über den Herbst und Winter versuchte ich mich in die Thematik einzulesen, lernte die einzelnen Elemente kennen sowie das Prinzip des 3-Zonen-Gartens. Und natürlich musste mein Mann noch überzeugt werden, denn ohne ihn ging es natürlich nicht, muss er doch für alle schwereren Arbeiten ran.
Dann ginge es Schlag auf Schlag und die Möglichkeiten kamen von allen Seiten auf uns zu. So starteten wir im Februar voll durch: Alle Frühblüher wurden noch schnell aus der Rasenfläche ausgebuddelt und unter dem Magnolienbaum wiedereingesetzt, dann rückte der Bagger an, entfernte die Grasnarbe, buddelte das Magerbeet aus und wenn schon denn schon, hob er so nebenbei gleich die Löcher für den Käferkeller und die Eidechsenburg aus. Die entstandenen Erdberge, die selbstverständlich nicht abgeführt wurden, sondern hierbleiben dürfen, sind schon enorm. Und kurzfristig entstehen Zweifel, ob wir uns nicht doch zu viel zugemutet haben, sind wir doch beide berufstätig und ehrenamtlich zusätzlich noch sehr eingespannt. Aber ein Zurück gibt es nicht mehr!
Parallel ging das Horteln los: Hier gab es Reisig für eine Benjeshecke, dort Sandsteine, die in der Ecke in Form einer hübschen Mauer zwischengelagert wurden. Ein alter Obstbaum mit uraltem Efeu ummantelt – zum Verheizen viel zu schade, wir müssen nur schnell sein. Der Neffe renoviert ein altes Haus im Nachbarort und bekommt ein neues Dach, den Ziegelbruch bekommen wir sogar frei Haus geliefert. Ganze Ziegel von hier, Biberschwänze von dort. Sogar so manche gehortelte Pflanze muss bis zur Fertigstellung der Magerbeetfläche zwischengepflanzt werden. Der Platz für die Zwischenlager geht so langsam aus!
Mitte April steht bereits die Benjeshecke mit Igelbehausung und Vogelfutterplatz. Wir haben jede Menge Vögel in unserem Garten, von den Spatzen über Meisen, Rotschwänzchen, Buchfinken und Amseln bis hin zu Rotkehlchen und Zaunkönig, die bereits eine Woche nach Errichtung eingezogen waren. Der Käferkeller und die Eidechsenburg inklusive der ersten Pyramide sind fertiggestellt, das Sandarium muss noch mit dem passenden Sandgemisch befüllt und überdacht werden. Das Magerbeet ist mit der Drainageschicht und dem Schotter-Sand befüllt. Und da taucht aus dem Nichts auch endlich der dazugehörende Name auf: Namasté, in Achtung für diese wundervolle Natur! So konnte ich am 12.4.2019 endlich unseren Hortus Namasté im Netzwerk eintragen.
Noch sieht es wild bei uns aus. So mancher „Zaungast“ bleibt stehen und schaut sich unser Chaos an, die einen kopfschüttelnd, die anderen staunend. Viele sprechen uns an und gerne erzählen wir von unserem Ziel, vom 3-Zonen-Modell und der entstehenden Vielfalt in unserem Hortus. Die ersten Nachahmer sind bereits gefunden, viele Mini-Tipp-Broschüren verteilt worden und unsere direkten Nachbarn finden die Idee so spannend, dass sie noch vor uns ihre 1. Pyramide gebaut haben!
Es bleibt noch viel zu tun und wir wissen manchmal nicht, wo anfangen, wo weitermachen. Und doch macht es sehr viel Freude, ein Teil dieser Entwicklung und Entstehung zu sein.
Ich gehörte schon immer zu den Sammlern und nun soll sich das auszeichnen, denn so manches rund ums Haus gelagerte bekommt jetzt eine neue Verwendung und kann in unseren Hortus integriert werden. Und wenn unser Stückchen Erde vor dem Haus gestaltet ist, dann haben wir noch viel Fläche ums Haus, die ebenfalls einer natürlicheren Bestimmung zugeführt werden kann. Schauen wir mal, was uns da noch so alles einfällt…
Wann unser Hortus fertig ist, das wissen wir nicht. Vielleicht wird er nie ganz „fertig“. Es ist unser Hobby und soll trotz der Arbeit auch unsere Freude sein. Und so arbeiten wir in unserem Tempo, in Respekt und Wertschätzung für die Natur um uns herum, mit all der Vielfalt und den Zusammenhängen, die uns immer wieder staunen lassen und uns so viel lehren.
„Machen ist wie wollen, nur krasser!“
- Namasté heißt: „Ich verbeuge mich vor dir“. Ich würdige die Natur und bringe ihr Dankbarkeit und Respekt entgegen. Sie hat mich die Wahrheit gelehrt, dass wir alle eins sind, wenn wir aus dem Herzen leben. Mit jedem Stein, jedem Ziegel, den ich verbaue, mit jedem Pflänzchen, das ich setze und mit jedem Lebewesen, das ich im Hortus Namasté neu entdecke, wächst die seelische Einheit. Energetische Verbundenheit mit einem tiefen Gefühl, das aus dem Herzen kommt und mit einem Geist, der sich hingegeben hat.
- Bettina Konstandin
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