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Wen streicheln, wen essen? (Achtung, ist lang und möglicherweise arbeitsintensiv!)

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Zitat von Margret am 11. September 2019, 12:20 Uhr

Ich danke herzlich für eure Anmerkungen. Aber so ganz beantwortet ist meine Frage damit nicht. Ich wollte eigentlich wissen, wie ihr denn erkennt, was eine einheimische Pflanze ist. Ich meine, viele hier sind ja ziemlich rigoros, 90:10% ist ja eine Menge. Muss man dann nicht genau wissen, was heimisch ist? Und woran erkennt ihr das, an dem lateinischen/botanischen Namen? Und gibt es dann geschichtlich eine Zeitgrenze, ab welchem Jahrhundert der Ausbreitung in Deutschland (oder Europa???) eine Pflanze als heimisch gilt? Das möchte ich gerne mal wissen.

In den allermeisten Fällen beantwortet mir Wikipedia diese Frage(n). Da gibt es bei den meisten Pflanzen eine Unterüberschrift "Vorkommen", "Verbreitung" o.ä. Dort habe ich auch schon des öfteren historische Infos zur Einbürgerung gefunden.

Das mit dem Heimischen ist so ein Problemchen , mit dem sich viele , aus meiner Sicht echt rumplagen. Heimisch ist zB. alles was hier bei uns , und jetzt meine ich nicht den Alpenraum nach der letzten Eiszeit wächst , also ca. seit 12000 Jahren. Da gibt es aber reichlich Einschränkungen. Zb. Pflanzen die vor 120000 Jahren hier gewachsen sind , da war nämlich die Eem Warmzeit und es gab hier in Mitteleuropa Flusspferde und Temperaturen , die sehr deutlich über den jetzigen lagen. Auch aus dieser Epoche sind einige Pflänzchen und deren Begleitfauna übriggeblieben. Dann kamen die Römer und haben gerodet und gesiedelt und irre viel aus dem Mittelmeerraum mitgebracht. Eine totale Faunen und Florenveränderung.

Zack , dann waren die Römer weg und es gab mehr als 1000 Jahre fast nur Wald . Im Vergleich vom 15.Jh. bis zu den 80er Jahren des 19Jh. war das ziemlich artenarm. Erst mit den Rodungen und der chemiefreien Landwirtschaft und der steigenden Bevölkerungszahl wurde es sehr viel artenreicher. Das ist das Ideal dem wir heute alle nachtrauern. In diesen Zeitraum fällt ein unglaublicher Artenreichtum , der aber durch eine Chemie freie Landwirtschaft begünstigt wurde. Man sieht also , heimisch ist Mensch gemacht , wenn wir von jetzt auf gleich weg wären , hätten wir wieder nur relativ artenarmen Wald.

Deshalb spielt für mich heimisch oder nicht so gut wie keine Rolle , Hauptsache die Tiere profitieren davon.

Das wiederum heisst , eine Glockenblume ist Pollen und Nektarlieferant  für die meisten Solitärbienen die von Campanulaceen profitieren , egal ob die Pflanze aus den Alpen , dem Kaukasus oder aus Japan stammt. Denn die  Blütenkonstruktion  ist immer dieselbe. Das ist bei allen Korbblütlern und Lippenblütlern genauso. Auch Futterpflanzen für Larven , Raupen und die Imagos müssen nicht zwingen "heimisch" sein.Dazu gibt es mittlerweile reichlich wissenschaftliche Untersuchungen. Ausgenommen sind da allerdings die spezialisierten Tiere , die so angepasst sind , dass sie nur auf einige wenige Wirtspflanzen angewiesen sind. Aber sogar die Mohnbiene nimmt nicht ausschliesslich Klatschmohn. Da tun´s auch andere Mohnarten aus dem Nahen Osten.

 

Margret hat auf diesen Beitrag reagiert.
Margret

Vielen Dank Frank,

das erhellt doch schon mal einiges und macht mich auch froh (ebenso wie dein Artikel über Neophyten!). Ich seh das ja beides auch eher gelassen, war aber nun doch kurz verunsichert, ob ich denn nach Hortus-Maßstäben nun alles falsch mache ...

 

Das beantwortet aber auch nicht Deine Frage nach heimisch oder nicht, in Bezug auf Deine Pflanzen.

Im Grunde kannst Du jede Pflanze wie schon geraten bei Wikipedia nachlesen. Dann weisst Du, was heimisch und für Deine Tiere nützlich ist und was vielleicht doch weg kann.
wenn nichts weg kann, dann ist es doch auch egal, ob heimisch oder nicht.
Sprich: Streicheln kannst Du sie alle, essen nicht.

Viele Grüße von der Gartenphilosophin. Übrigens: Jeder kann etwas tun!

Margret, deinen alten Buchsbaum hätte ich auch behalten und es so gemacht wie du.

Einheimisch oder nicht, wenn im Garten bereits Bestand ist, würde ich da nicht so akribisch sein. Wenn man neu pflanzt, dann schon. Da hat man es dann im Griff, was einheimisch ist und was nicht. Aber trotzdem, auch nicht heimische Pflanzen haben durchaus ihren Reiz, wenn sie auch einen Nutzen haben.

Du hast wirklich sehr viele verschiedene Blumen und Pflanzen in deinem Hortus und kannst von Vielfalt sprechen.

Wegen Taglilien: Da muss ich doch nochmals gucken, wenn sie blühen. Die kleine Taglilie, die ich habe blüht soo schön gelb und dies auch sehr lange. Die größeren sind imposant, wenn sie blühen.

Heimisch oder nicht - die immerwährende Frage. Ich nehme das ganze Thema schon ernst und sehe das etwas differenzierter als Frank. Mittlerweile gibt es so viele wissenschaftliche Abhandlungen zu dem Thema und die Ergebnisse liegen doch recht weit auseinander. Im Zweifel also auf Nummer sicher - das ist meine Herangehensweise. Als Zeitgrenze orientiere ich mich an der Einteilung Archäophyt/Neophyt, also ob die Pflanze schon vor der (Wieder)entdeckung Amerikas hier ansässig war. Bei den Neophyten schau ich genauer hin: Die Pflanze sollte seit ca. dem 17./18. JH als eingebürgert gelten und von großem Nutzen für Insekten sein. Nicht invasiv ist selbstredend. Ausnahmen mache ich dann, wenn ich kaum oder keine heimische Alternative habe, z.B. bei Tulpen und Narzissen. Die Region spielt auch eine Rolle, für mich ist Mitteleuropa heimisch, noch regionaler wird mir zu kompliziert. Allerdings vermeide ich Pflanzen aus dem alpinen oder maritimen Raum.

Woran erkennt man heimische Pflanzen? Garnicht, keine Pflanze hat unter den Blättern ein "Made in ..."-Schild. Da hilft nur lesen und informieren. Klingt vielleicht alles abschreckend und kompliziert, aber das täuscht. Es ist nicht aufwendiger als sich über Standort-, Boden- und Feuchtigkeitsbedürfnis schlau zu machen. Tante Google und Onkel Qwant helfen da gerne ;-)

Zu deiner Liste:

Nr. 3 Apfelrose (Wildrose): Die Apfelrose oder auch Kartoffelrose (Rosa rugosa) ist zwar eine Wildrose und wird von Bienen und Hummeln gut besucht, steht aber auf der Schwarzen Liste der invasiven Pflanzen und gehört daher in keinen Hortus und auch keinen anderen Garten (hab auch drei Stück, die diese Woche noch ausgebuddelt werden müssen - wie nervig, aber aus Fehlern lernt man ja bekanntlich).

Nr. 40 JKK: Ja, tatsächlich heimisch und sehr umstritten. Ich hab es auch und achte darauf, dass sich nur eine Pflanze versamt. Diese Samen sammel ich ab und säe sie gezielt bei mir aus. Bei den restlichen Pflanzen schneide ich die verblühten Köpfe ab, der Rest der Pflanze bleibt stehen, weil ich Raupen vom Blutbären habe und die sind immer hungrig. Einmal im Jahr mache ich einen Spaziergang und schaue in die Nachbargärten, ob sich doch irgendwas ausgesät hat - ist bisher aber noch nie gewesen. Den Aufwand mach ich aber nur, weil wir in einiger Entfernung Weideflächen haben und kein JKK von mir im Heu landen soll.

Ich werd jetzt nicht die ganze Liste durcharbeiten, wie die anderen schon sagten, kannst du bei Wiki ganz leicht herausfinden, wo deine Pflanzen ursprünglich herkommen. Beim Überfliegen hab ich den ein oder anderen Exoten gesehen, aber auch viele schöne heimische Pflanzen, die helfen, die Artenvielfalt zu erhalten.

Zum Abschluss noch die Sache mit den lateinischen Namen: Sie sind ohne Übung schwer auszusprechen und erscheinen kompliziert. Leider reichen die deutschen Namen aber oft nicht aus, denn viele Pflanzen haben regionale Namen, die z.T. schon Jahrhunderte alt sind. Es kommt durchaus vor, dass es in Nord- und Süddeutschland den gleichen Pflanzennamen für ganz unterschiedliches Grünzeug gibt. Allein das Gänseblümchen hat 100te von Bezeichnungen und unterm Strich kann es wesentlich komplizierter werden, eine ganz bestimmte Pflanze mit deutschem Namen verwechslungsfrei zu benennen als den lateinischen Namen zu verwenden. Kommt halt immer auf die Situation an: Niemand sagt, ich muss noch meinen Taraxacum ausstechen (Löwenzahn), aber z.B. beim Samenkauf achte ich auf das Latein ;-)

Gartenphilosophin, Malefiz und Tillivilla haben auf diesen Beitrag reagiert.
GartenphilosophinMalefizTillivilla
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