Rosskastanie – was tun?

Themen rund um Pflanzen, auch Identifikationen.
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Dorfgaertner
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Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Dorfgaertner »

Ahoi,

mich treibt mal wieder eine Frage um, die ich schon seit Jahren vor mir herschiebe. Wir haben an einem Grundstücksende eine Roßkastanie, ich würde auf ein Alter von um die 25-30 Jahre tippen. Es ist schon ein ordentlicher Baum, aber für eine Kastanie noch nicht riesig.

Der Kollege ist bekanntlich leider nicht heimisch, will es eher feucht (perspektivisch also problematisch) und dann gibts auch noch die Rosskastanienminiermotten.
Auf der Pro-Seite steht: gut eingewachsener Baum, Sichtschutzaspekte. Also nicht viel.

Eigentlich ist klar was zu tun wäre: fällen und durch was heimisches ersetzen.
Ich frage mich:
- wie ökologisch sinnvoll ist eine Rosskastanie in Deutschland? NaturaDB gibt mir nur Infos zu Bienen und Schmetterlingen. Weiß jemand was mit Blick auf Vögel?
- ich las mal, daß ein Problem in Europa sei, daß es zunehmend weniger alte Bäume gibt. Wenn ich den jetzt fälle und was neues setzte, stelle ich die Uhr quasi wieder auf null...

Und dann wäre die Frage: womit ersetzen? Ich schwanke zwischen zwei ziemlich gegensätzlichen Alternativen: zwei Hochstamm-Birnenbäumen oder einer Winterlinde...

Was denkt ihr?
Und gäbe es vielleicht noch coole Baum-Alternativen, die ich noch bedenken sollte? (schnellwachsende Arten bevorzuge ich natürlich, damit ich auch noch was davon hab ;))


Ein wirklich übersichtliches Photo ist schwer zu machen. Hier ein Bild, um eine Ahnung zu bekommen:
20250407_095628.jpg
Die Erle neben der Kastanie ist noch unsere, hinter der Kastanie geht das Grundstück noch knapp 8m weiter, dann kommt eine Koppel. Also z.B. das Weißblühende rechts hinter der Kastanie gehört schon nicht mehr uns.
»Wer der Gartenleidenschaft verfiel, ist noch nie geheilt worden. Er fühlt sich immer tiefer in sie verstrickt.« – Karl Foerster
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Tidofelder »

Die Früchte lassen sich als Waschmittel verwenden. Das ist schon mal sinnvoll.
Ansonsten fällt mir zum Baum nichts ein.
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tree12
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von tree12 »

Am Baum hängen also keine Erinnerungen oder so? Das wäre noch ein Argument gewesen, ihn zu erhalten.

Vielleicht möchtest Du ja bei Berthold Daubner von ReNature mal anfragen, ob er sagen kann, wieviele Organismen an der Rosskastanie fressen? Seine Angaben bei den Pflanzen, die er beim Bio-Balkon-Kongress vorstellte, haben mich immer fasziniert. Zu den Organismen zählt alles, auch Pilze, die an/von der Pflanze leben.

(Möglicherweise gibt es diese Angaben aber nur für heimische Pflanzen, das weiß ich leider nicht.)

https://www.renature-garten.de/

Wenn er Dir sagen könnte, für wieviele Arten die Rosskastanie interessant ist, wäre das auf jeden Fall eine Entscheidungshilfe für Dich.

Im Zweifelsfalle fällen lassen, Totholz im Garten einsetzen und für die Stelle eventuell eine Prunus-Art oder eine Weide einplanen? Die wachsen ja alle rasant. Sal- oder Purpurweide kommen auch mit trockeneren Standorten klar.

Allerdings weißt Du ja, ich bin großer Fan von Birnbäumen und Winterlinde klingt auch super!!

Ich selber habe am Wochenende meinen Fingerstrauch Lovely Pink verschenkt... der saß bei mir im Kübel und war ja sehr hübsch, aber jetzt konnte er in einen Garten ins Beet umziehen und die abholende Dame freute sich riesig. Nun bin wieder etwas Nicht-Heimisches losgeworden und werde den Kübel neu bestücken, vermutlich mit einem Estragon.
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Ann1981
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Ann1981 »

Mit jedem gefällten Nadelbaum (elende Säufer) in unserem "Wäldchen" breiteten sich andere Pflanzen dank zunehmender Bodenfeuchter aus. Konstruktive Zerstörung.

Durch die Tiny-forest-Methode wird erkennbar, dass dicht gesetzte Gehölze durch die Konkurrenz um das Licht schneller wachsen. Vielleicht hast du Platz für zwei Bäume: eine Birke, deren Erwachsenwerden du erleben kannst, und irgendetwas anderes Schönes, Nützliches etc. Eine Birke wird (leider) nicht sehr alt, sodass sie auch in ca. 80 Jahren herausgenommen werden kann, und der andere Baum mehr Platz hat. Bei dem Plan wäre auf genügend Abstand für eine spätere Fällung zu achten.
"Das Äußere einer Pflanze ist nur die Hälfte ihrer Wirklichkeit." (Wolle Goethe)
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Simbienchen
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Simbienchen »

Ich weiß noch, wie gut die Blüten der Rosskastanie im ehemaligen Garten meiner Mutter besucht wurden. Da war immer großes Gesumme drin. Roßkastanien sieht man immer weniger und irgendwo hatte ich vor Jahren mal etwas über das Roßkastaniensterben gelesen.

Vögel profitieren von derart großen Bäumen, wenn sie darin Raupen oder andere Futtertiere finden. Meisen fressen z.B. die Kastanienminiermotte. https://das-neue-naturforum.de/forum/in ... kastanien/

Oder man hängt in großer Höhe Starenkästen oder Eulenkästen auf, dann ist so ein großer hoher Baum ein wichtiger Nistbaum, denn unsere größeren Vogelarten finden immer weniger Nistplätze. Oder Fledermauskästen reinhängen...wäre auch eine Möglichkeit.
Mein Garten wurde vom LBV zum Vogelgarten ausgezeichnet und bei der Begehung kam es auch nochmal zur Sprache, dass es immer weniger große Bäume in den Gärten gibt. Spechte finden kaum noch Baumhöhlen.

Eine andere wertvolle Idee wäre, den Kastanienbaum so zu "beschädigen", dass er langsam abstirbt und so zu einem wertvollen stehenden Totholz wird. Das ( durch Ringeln der Bäume ) wird hier im Naturschutzgebiet zum Teil mit Bäumen gemacht, um den Vögeln damit zu helfen. Höhlen werden angelegt, es entsteht ein neuer Biotop und zieht Nahrungstiere ( Käferarten) an.

Wenn die Rinde großflächig beschädigt wird ( wie z.B. bei einem Auffahrunfall) , siedeln sich sogar heimische Käferarten an :

Auszug aus https://www.lwf.bayern.de/mam/cms04/bio ... _gesch.pdf
An totem Kastanienholz wurden schon
etliche heimischer Käferarten nach g ewiesen,d a ru n-
ter auch markante Arten wie Hirschkäfer (L u c a nu s
c e rv u s), Balkenschröter (D o rcus parallelopipedus) ,
Körnerbock (M egopis scabricorn i s) und verschie-
dene Rüsselkäferarten.
Da das Rosskastanienholz sehr anfällig für den
Befall durch weißfäuleerregende Holzpilze ist, wer-
den viele Kastanien im Inneren hohl. Diese Bäume
sind Ers at z l e b e n s raum für die hochgradig gefährde-
te und exklusive Gilde der Mulmhöhlenbesiedler
(STUMPF 1994). Selbst der Eremit (Osmoderma eremi -
t a), p ri o ri t ä re Art des Anhanges II der Fauna-Flora-
Habitat-Richtlinie, wurde neben seltenen Schnell-
k ä fe ra rten schon in hohlen Rosskastanien gefunden
Ich persönlich würde die Kastanie stehen lassen...
"Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann -tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde!"
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Amarille
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Amarille »

"Was nicht passt wird passend gemacht" ? Warum? In ü Kastanienbaum gibt es vielfältiges Leben, der Baum lebt, ist gesund und fühlt sich an dem Standort wohl...nur weil er nicht heimisch ist soll er weg? Für mich wäre das unmöglich.
Auf der Welt gibt es mehr als 30000 Apfelsorten. In Deutschland 2000, im Supermarkt 5.
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Dorfgaertner
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Dorfgaertner »

Ja, da habt ihr mir was zum denken gegeben, @Amarille und @Simbienchen... Vielleicht begrüne ich ihn einfach mit Efeu oder einer Rambler-Rose (oder beidem?), dann böte er zusätzlichen Lebensraum und würde im Falle des Efeus auch einer heimischen Pflanze als Grundlage dienen, die dort sonst nicht wäre.
Könnte man wohl Rambler-Rose und Efeu gleichzeitig machen? Oder wäre das zu viel für den Baum?
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Alma
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Alma »

Ganz klar:
Stehen lassen.
Wie sicher bist du dir was das Alter der Kastanie angeht? Ich hätte ihn auf deutlich älter geschätzt. Eher 50/60 Jahre oder sogar noch älter.
Ich habe eine Kastanie vor ca. 30 Jahren gepflanzt auf einen der fruchtbarsten Böden die es in Deutschland gibt (sandig-humoser Lehm in der niederen Hartholzaue im Rheintal) und der ist noch lange nicht so groß und dick wie deiner.
Roßkastanien werden nicht besonders alt. Ähnlich wie Kirschen fangen sie im Alter von 80Jahren zu verfallen. Der Stamm fängt an von innen her morsch und hohl zu werden. Irgendwann wird dann ein größerer Ast abbrechen bei einem Sturm und schon dauerts nicht mehr lange bis zum perfekten natürlichen Specht/Eulen/Fledermauskasten.
Vielleicht noch ein paar Sträucher darunter pflanzen? Was es noch weniger gibt als große Bäume sind Ecken die völlig ungestört sind
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Simbienchen
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Simbienchen »

Dorfgaertner hat geschrieben: Mo 7. Apr 2025, 22:41 Ja, da habt ihr mir was zum denken gegeben, @Amarille und @Simbienchen... Vielleicht begrüne ich ihn einfach mit Efeu oder einer Rambler-Rose (oder beidem?), dann böte er zusätzlichen Lebensraum und würde im Falle des Efeus auch einer heimischen Pflanze als Grundlage dienen, die dort sonst nicht wäre.
Könnte man wohl Rambler-Rose und Efeu gleichzeitig machen? Oder wäre das zu viel für den Baum?
Ich würde zwei Kletterpflanzen nicht zusammen an einen Baum setzen, der Konkurrenzdruck ist zu hoch. Die Roßkastanien sind Flachwurzler, wenn dann noch mehr Gewicht dranhängt ....hm, ich weiß nicht.

Aber es gibt ja auch den Strauchefeu, der ist scheinbar nicht so kletterfreudig, wird bis zu 2 m groß und ist ein Herzwurzler. Könnte also tiefer eindringen und wäre später ein Busch, wenn die Kastanie das Zeitliche segnet. Der Strauchefeu verträgt auch Schatten, von daher wäre das meine erste Wahl...
https://www.naturadb.de/pflanzen/hedera ... borescens/

Eine Rambler Rose würde mit ihrer Wuchsfreude und Blüten mit Sicherheit auch eine Bereicherung ( sowohl für Insekten als auch für unsere Vögel) sein, allerdings ist die Kastanie mit ihrem großen Blattwerk eher nicht so lichtdurchlässig. Ramblerrosen gedeihen zwar auch im Halbschatten , sind aber immer auf der Suche nach Licht. Ich bin mir da nicht so sicher, ob das die richtige Wahl wäre.

Ich wäre da auch eher bei dem Vorschlag von Alma, etwas drunterpflanzen, wenn es geht und der Natur ihren Lauf lassen.

Was ich noch fragen wollte.... werden die Blüten deiner Roßkastanie auch so gut von Hummeln besucht?
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Amarille
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Re: Rosskastanie – was tun?

Beitrag von Amarille »

Ich würde das, bis jetzt, bestehende Systeme nicht groß stören. Wenn du Primusmäßig mehr machen willst häng eine Behausung für den Steinkauz in die Kastanie und lass eine freie Fläche darunter, die du dann maximal 1x im Jahr mähst. Perfekt ist die Natur selbst. Vielleicht magst dich mal einfach unter die Kastanie setzen, dich an ihr anlehnen und fühlen, hören und beobachten?
Auf der Welt gibt es mehr als 30000 Apfelsorten. In Deutschland 2000, im Supermarkt 5.
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