Hortus – Garten im Wandel

Als wir das Haus mit kleinem Garten übernommen hatten, hatten wir überhaupt keine Ahnung von Gärtnern, nicht von verdichteten Lehmböden, nicht was wann wächst und blüht, was heimisch ist und was nicht und was Insektenfreundlich ist. Man hat bei den Nachbarn geschaut was haben die in ihrem Garten, geschaut auch das man von dort Ableger bekommt usw. Was wir schnell festgestellt haben, ist die unendliche Fülle an Naturmaterialien die man bei uns im direkten Umfeld finden kann. So gut wie jeder Nachbar oder Landwirt hat irgendwo einen „Haufen“ wo er seine Steine, seinen Baumschnitt oder Wurzeln ablegt. Wenn man freundlich nachfragt, kann man diese Dinge auch mitnehmen.

Unser ursprüngliches Grundstück ist nicht so groß, nur ca. 600 Quadratmeter und schmal und lang, wirklich etwas mit anzufangen wussten wir nicht, dazu fehlte uns noch der „Blick“. Von den Vorbesitzern wurde gleich gesagt, hier wächst nichts. Bei Übernahme des Hauses hatten wir auch den Beweis für diese Aussage, es gab Rasen mit kahlen Stellen, 2 Kugelahornbäume, 1 alter großer Apfelbaum wo die Früchte nicht essbar waren, 1 Buchsbaum,  1 Rhododentrum, eine Hainbuchenhecke und irgendwann im laufe der Zeit sind irgendwo auch noch 2 Tulpen und ein Mohn aus der Erde gekommen.

Dann haben wir wahllos angefangen ein Beet nach dem anderen anzulegen. Heute würden wir die Anordnung so nicht mehr machen, eine Änderung ist jedoch derzeit zu Aufwendig. In den ersten paar Jahren ging es uns nur darum humose Erde aufzubauen, von Magerwiesen und Co hatten wir zu dem Zeitpunkt noch nie etwas gehört. Auch an Gemüseanbau war nicht zu denken, dafür war das Grundstück einfach zu klein, zu schmal und durch die seitlichen Hecken durch ihren Schattenwurf auch nicht dazu geeignet. Also haben wir am Anfang vieles in Töpfen und Kübeln angepflanzt, hauptsächlich Kräuter. Aber die Staudenbeete sind weiter gewachsen, der verdichtete Lehmboden wurde immer humoser und krümliger. Wir haben wöchentlich brav unseren Grün- und Heckenschnitt auf den örtlichen Strauchschnittplatz gefahren, jede abgestochene Rasenode wurde dort von uns entsorgt. Leider mussten wir beim anlegen der Staudenbeete festellen das die Erbauer den meisten Bauschutt relativ nah unter der Bodenoberfläche vergraben haben. Dies hat bedeutet das wir auch Unmengen an Gartenerde die mit Bauschutt und Steinen gemischt waren, entsorgt haben. Am Anfang konnte man in den Boden noch nicht einmal eine Blumenzwiebel setzen weil man nicht in den Boden rein gekommen ist.

Jetzt waren wir auch schon immer Flohmarktgänger und der Gedanke des „Wiederverwertens“ fanden wir bereits immer gut. So haben wir nach und nach das eine oder andere gebrauchte Erworben, wo dann mit in den Garten einziehen konnte. Da wir aber auch jeden Sommer selbst Flohmarkt im Vorgarten bei uns machen, durfte auch einiges wieder ausziehen.

So ging das ein paar Jahre lang.  Die Staudenbeete haben sich immer prächtiger entwickelt, Regenwürmer on Mass, , wir hatten auch unzählige Insekten, Falter, Bienen, Fledermäuse, Molche und Co im Garten. Nur Vögel haben wir nicht viele, bei uns gibt es um das Dorf viele Windräder, wir vermuten das es daran liegt.

Dann kahm der Oktober 2020. Unsere betagte Nachbarin ist auf uns zugekommen, ihr Gartengrundstück liegt direkt an unserem Garten. Sie konnte aufgrund ihres Alters ihren Garten nicht mehr bewirtschaften, ob wir diesen nicht ab sofort übernehmen wollten. Da wir über die Jahre sowieso immer gesagt hatten, unser eigentliches Grundstück ist zu klein für uns, waren wir natürlich sofort damit einverstanden. Das Grundstück der Nachbarin war immer ein Gemüsegarten, jedoch 4 Jahre zuvor hatte sie dort alles mit Rasen anlegen lassen, weil sie bereits damals den Gemüsegarten nicht mehr bewirtschaften konnte.

Wir haben den Vertrag unterschieben und bereits am nächsten Tag habe ich einen Teil des Zaunes entfernt damit die beiden Grundstücke miteinander verbunden sind. Auch auf dem neuen Grundstück zwar guter aber dichter Lehmboden. Uns war sofort klar das wir dieses Grundstück für den Gemüseanbau verwenden wollten und immer noch hatten wir keine Ahnung von Magerwiesen und Co. Dann ist Corona gekommen und ich hatte viel Zeit im Internet zu lesen und zu recherchieren. Bodenverbesserung, Humus aufbauen, Gemüse anpflanzen, Mikroorganismen, Pflanzenjauchen, Pflanzenkohle, ökologisch Gärtnern, Mulchen, Kompost, Bokashi, Gärtnern ohne Umgraben usw…das waren die Themen mit denen wir uns fortan beschäftigten und vor allem wo wir auch fortan im Garten umgesetzt haben. Und auch hier ohne wirklichen Plan einfach drauf losgelegt. In immer neuen Foren angemeldet und jeden Beitrag zur Bodenverbesserung und Gemüseanbau verschlungen. Keine 3 Wochen nach der Grundstücksübernahme waren die ersten Beete angelegt. Hier ging es an dann tatsächlich vorrangig um Bodenstrukturverbesserung, da ja verdichteter Lehmboden und ein Tiefwurzler hätte da nicht rein gewurzelt. Ich habe mich wie ein Kind über meinen ersten Komposthaufen gefreut, mittlerweile haben wir mehrere. 2 Apfelbäume, 1 Birnenbaum, 1 Pfirsichbaum, 1 Pflaumenbaum, etliche Stachelbeersträucher, Himbeeren und Johannisbeeren durften auch gleich einziehen. Somit wurde die Fläche von 600 Quadratmeter auf ca. 1000 Quadratmeter vergrößert, abzüglich Gebäude und Co sind es ca. 600 Quadratmeter die Garten sind.

Nach 1 Saison haben wir unglaublichen Erfolg mit verschiedenen Maßnahmen beim Boden der Gemüsebeete gehabt, krümmelige Erde, Würmer ohne Ende und über die Würmer also die Bodenlebewesen sind wir immer weiter in das Thema eingestiegen und dann auch zu dem Thema Bienen gekommen, da wir diese ja zum bestäuben der Pflanzen benötigen. Also waren dann auch Themen wie Naturgarten, Insektenblühpflanzen usw. ein Thema. Dann über ein Youtubvideo bei meinen Recherchen habe ich ein Video zum Thema Permakultur gesehen. Nach und nach habe ich mich weiter eingelesen, mich mehr damit beschäftigt, weiteren Gruppen bei FB beigetreten die sich mit dem Thema Permakultur beschäftigen und bin darüber zu der Hortus Gruppe und dem 3 Zonen Modell gestoßen und mich dafür begeistert. Vielleicht sollte man auch noch erwähnen das mich die Gartenarbeit, das beschäftigen mit dem Gartenboden, auch des verstehen unseres Bodens und der Natur, geerdet, mich demütig und dankbar gemacht und mir eine innere Ruhe gegeben haben. Heute bin ich bei Wind und jedem Wetter draußen im Garten, es darf auch mal am späten Abend sein, dann wird eben mit Licht gearbeitet. Ich mache auch alles selbst, also jeder Stein, jeder Baumstamm und jedes Bodensubstrat wurde von mir händisch und in Eimern auf das Grundstück getragen da wir auch Treppen innerhalb des Grundstückes haben wo man mit der Sackkarre oder der Schubkarre nicht weiter kommt. Dafür weiß ich aber auch alles was irgendwo liegt oder ausgebracht wurde, zu wertschätzen.

Ich war ja vorher bereits von Böden und Erdenherstellung und Humusaufbau begeistert, aber aufgrund der Gruppe mittlerweile auch von Sand und Schotter 😉 Wenn man in sich geht, sich mit den Materialien wie Erde, Sand, Steine verbindet, dann bin ich mit mir und der Natur im Einklang. Ich könnte Stundelang mit diesen Materialien arbeiten oder darin herum wühlen.

Nur jetzt hatte ich ein Problem, denn das inzwischen ja größer gewordene Grundstück war eigentlich nur mit Beeten angelegt, wo Nährstoff- und humsreicher Boden enthalten war. Eine wirklich große Fläche für ein Magerbeet gab es nicht mehr, also mussten wir etwas improvisieren, weitere Rasenflächen entfernen und kleinere Magerbeete anlegen. Mittlerweile haben wir, wenn auch im kleinen Rahmen zusätzliche Magerbeete, Steinpyramiden, Steinhaufen, Benjeshecke, Sandarium, Insektenhotels, Wasserstellen und etliche Todholzhaufen und weiteres Holz im Garten verteilt. Alles nicht  so groß da wir aufgrund der Umgestaltung immer schauen mussten wo ist überhaupt noch Platz für welches Modul. Alles im etwas kleineren Rahmen, aber so nach und nach wird dieses sicherlich noch ausgebaut. Einige neue Pflanzen für die Pufferzone sind diese Saison bereits eingezogen, benötigen jedoch noch bis sie auch eine gewisse Größe erreicht haben.

Alle Beeteinfassungen oder Mauern wurden mit Naturmaterialien aus der Umgebung erstellt, sei es aus Stein oder Holz.

Wir Gärtnern ohne Mineraldünger, machen Flächenkompost, mulchen, arbeiten mit Pflanzenjauchen, Bokashi, Kompost, Pflanzenkohle in der Ertrags- oder Pufferzone und probieren gerne unsere eigenen Erdenmischungen aus.

Im Sommer gibt es eine sehr große Vielfallt an Insekten/Käfer, Molche, Fledermäuse und vielem mehr. Es brummt, summt und wuselt an allen Ecken. Feuersalamander, eine Schlange und Gottesanbeterinnen haben wir bereits gesichtet.

Mit Schädlingen haben wir im großen und ganzen keine Probleme, auch die Schneckenpopulation hält sich in Grenzen. Tiergerschnegel gibt es mittlerweile auch bei uns.

Naturmodule: Benjeshecke, Sandarium, Käferkeller, verschiedene Todholzhaufen, verschiedene Steinhaufen, Nisthilfen Bienen

Die Pufferzone besteht haupsächlich aus einer Hainbuchenhecke die das Grundstück abgrenzt, diese wurde zusätzlich unterpflanzt, gemulcht mit Astschnitt und einige Naturmodule integriert. Durch das schmale Grundstück ist es schwer hier noch mehr an den Rand zu pflanzen, aber diese Saison haben wir noch etliche Sträucher einfach dazu gepflanzt wie Vogelkirsche, Faulbaum, Kornelkirsche, Pimpernuss, Felsbirne, Wildrosen usw.

Die Hot-Spot Zone bzw. Zonen bestehen mittlerweile aus verschiedenen kleinen Magerbeeten, ein Wildkräuterbeet mit magerem Substrat und einem Beet mit den üblichen Gartenkräutern auch auf magerem Substrat. Hier sind Blumenzwiebeln gesetzt, div. Pflanzen eingebracht und sehr viele Samen ausgebracht.

In der Ertragszone gibt es Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Pflaumen, Himbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren, verschiedene Kohle, Wurzelgemüse, Salate, Paprika, Tomaten, Gurken, Erdbeeren, Kartoffeln, Bohnen, Erbsen, Selleri, Aubergine, Physalis, diverse Kräuter kombiniert mit blühenden Blumen für die Bestäubung.

Es gibt auch noch ganz viele Beete mit nährstoffreicher sehr humoser Erde wo viele Stauden und Co wachsen. Auch haben wir den einen oder anderen Strauch aus den Anfangszeiten der nicht heimisch ist oder für die Insekten keinen Nutzen hat, aber wir haben uns dafür entschieden diese zu lassen weil wir verteilt über das Grundstück mittlerweile viele andere „Futterpflanzen“ anbieten.

Bitte entschuldigt meinen „Roman“, ich bin nur so Dankbar für den Garten, gerade in der heutigen Zeit.

  • Bei jedem Besuch hat sich etwas verändert
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