Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

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Primulaveris
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Primulaveris »

Ann1981 hat geschrieben: So 3. Aug 2025, 13:50
@Tidofelder : Die Emotjis suggerieren, dass du das als hysterisch empfindest bzw. dir als solches auf die Nerven geht.
Ich verstehe das als Plädoyer, die Worte nicht gleichzusetzen, was tatsächlich oft geschieht, das glaube ich auch. Teutsche Ackerkratzdistel oder Schlehe oder oder... kann sich auch "invasiv" verhalten. Patagonisches Eisenkraut wie in Grevensteins Beispiel oder Echinacea oder Mädchenauge sind es i. d. R. nicht.

Okay, Gartenpflanzen sind vielleicht keine "echten" Neophyten...

Es erlangen halt hauptsächlich jene mit Weltmachtsallüren Bekanntheit, nicht die Unscheinbaren.
Z. B. ist die Bocksriemenzunge in Niedersachsen ein Neophyt, aber jeder freut sich drüber.

Ist wie mit den Insekten: Bei den Gottesanbeterinnen rufen alle "Ooooh" und bei den Holzbienen "Aaaahh", aber Tigermücken und Bettwanzen wolln se nich :pfeiffen .
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Amarille
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Amarille »

Gestern wurde in einer Gartensendung die Kugeldistel als tolle Begleit- und Insektenpflanze empfohlen. Welcher Laie weiß da noch was richtig oder falsch ist?
Ich bin aus der Zeit gefallen... :ka
Primulaveris
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Primulaveris »

Ja, die Neophytenfrage scheint für uns hier im Forum momentan die größt "Challenge" zu sein, wo es die meisten Konflikte gibt!

Aus verschiedenen Gründen:

Die Einen finden gefüllte, ungewöhnlich gefärbte Blümchen und Büschlein aus aller Welt nach wie vor einfach "schön" -> DAS finde ich kein Argument!
Schönheit liegt immerhin im Auge des Betrachters und der Betrachterin, und das Aufbringen Energie, hier ggf. umzudenken und die Synapsen neu zu sortieren, darf man innerhalb des HORTUSnetzwerks schon verlangen. Es geht immerhin irgendwie ums "Ganze". Um das Begreifen von systemischen Zusammenhängen. Oder, da die Wissenschaft nur einen verschwindend geringen Teil davon überhaupt abbildet, um das FÜRMÖGLICHHALTEN von Komplexität.

Die Anderen denken durchaus sorgenvoll an den Klimawandel, kommen aber zu anderen Schlüssen als @Simbienchen im Ausgangspost, z. B. sehr viele Kommunen, Waldeigentümer usw.!!!
Das ist VIELLEICHT oft gut gemeint, VERMUTLICH meist falsch, aber - wer RECHT hat, sehen wir dann in 100 Jahren, falls wir dann noch was sehen... Das ist echt schwierig!
Ich persönlich bin wie Simone überzeugt, dass hier das NETZ der Natur massiv unterschätzt wird!! Man tauscht in einem komplexen System nicht mal rasch was aus für einen bestimmten Zweck, ohne 1000 andere Dinge versehentlich mit zu beeinflussen, wie ich neulich schon mal behauptet habe viewtopic.php?p=16691#p16691


Tatsächlich steht "Hortus" für MICH irgendwie für eine Lebenshaltung, und das ist völlig unabhängig davon, ob ich jetzt ein Schild am Garten habe, ob 100 oder 67,8 % heimische Pflanzen dort wachsen. Einfach die logische Konsequenz aus der Tatsache, dass es kein unbegrenztes Wachstum auf einem begrenzten Planeten geben kann UND dass der Mensch nicht nur nicht allein lebt, sondern es auch nicht KÖNNTE und deshalb gefälligst lernen muss, sich als Teil des Ökosystems und nicht dessen Gegenspieler (oder einseitigen Nutznießer) zu gerieren. Und wenn ich SYSTEM denke und nicht PFLANZE und TIER und MENSCH und KLIMA (und Boden und Grundgestein und Windverhältnisse und mikroklimatische Besonderheit und Belichtung und Umgebungsbewuchs und Breitengrad usw.), hieße, auf Neophyten als "Lösung" zu setzen sich für schlauer zu halten als die Evolution bis dato.

Ich finde, wir MÜSSEN dem komplexen Netzwerk vertrauen.
Absichtlich auf Neophyten zu bauen heißt, der Natur nicht zuzutrauen, sich zu wandeln. Heißt mal wieder menschlich arrogant, es besser zu wissen. Und DAS halte ich für massiv gefährlich, weil es eben alle Verbindungen, die wir nicht mal KENNEN, missachtet und möglicherweise zerstört.
Primulaveris
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Primulaveris »

Was meinen eigenen Garten angeht:

Ja, ich gebe @Simbienchen Recht, es gibt viele mikroklimatische Zonen, auch ganz ohne "Klimakatastrophe", weil z. B. Bäume höher werden und plötzlich Schatten ist, wo vorher mehr Licht usw., und die Pflanzen wandern. Das ist faszinierend und toll!

Und/aber: Mein Garten ist z. B. einiges kleiner als deiner. Und alle unsere Gärten sind kleiner als ein paar Hektar von was wir in diesem Land so "Natur" nennen.
Manchmal braucht es da jetzt schon Unterstützung, glaube ich. Also in Form von Gießen, Jäten o. ä.Wobei ich das allermeiste nach wie vor sich selbst überlasse.

Für mich war es ein Lernprozess, der mir echt schwer fiel!
Ich wollte nämlich EIGENTLICH auf kleinem Raum so viele natürliche Lebensräume dicht aneinander nachbauen, wie ich kann. Ich wollte gaaaaanz viele Arten, und ich wollte NUR autochthone Pflanzen.

Ich habe für mich und meinen Garten festgestellt, dass das aber nicht sinnvoll ist. Dass es besser ist, weniger zu haben und davon mehr. Es geht nicht darum, möglichst viele Pflanzenarten zu haben, wenn ich mit keiner eine relevante Menge erreichen kann, das meine ich. Lieber 10 m2 Brennnesseln, die stehen bleiben, bis die Pfauenaugen geschlüpft sind. Das halte ICH für MICH für sinnvoller, als ein Magerbeet aufzuschütten mit seltener Kalkschotterflora in jeweils zwei, drei Exemplaren, was nicht reicht, um als Angebot für die entsprechenden Tiere wahrgenommen zu werden.

Ich musste sozusagen lernen zu akzeptieren, dass mein Beitrag kleiner und unspektakulärer ist, als von mir gewünscht, aber dafür einer, der funktioniert.

Konkret mache ich tatsächlich nicht sehr viel anders!

- ich stelle mehr Wasserstellen auf für Insekten, Igel, Reptilien (die Eidechsen gehen da auch hin)
- ich lasse Bereiche schattiger (Hortus Lagom ist ein Südhang). Das hält Feuchtigkeit, das verändert aber die Flora schon ganz schön!!
- ich mähe weniger/später oder kleinteiliger, weil unter dem hohen Bewuchs der Boden einfach feuchter bleibt und ich mir einbilde, dass das bessere Keimchancen beim Aussamen gibt :ka
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von tree12 »

Liebes Primelchen, irgendwie drückst Du in Deinen Posts ganz oft genau das aus, was auch ich denke und fühle. Danke dafür! :knuddel :bravo

Die Menschheit kann es sich einfach nicht mehr leisten, nur bis zum Tellerrand oder bis zum Gartenzaun zu blicken. Wir sind Teil des Systems und müssen auch so denken. Möglichst in allem, was wir tun oder planen zu tun.
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Doro »

Zum Thema heimisch versus nichtheimisch, bzw. Zierpflanzen, wird vielfach die eigene Beobachtung oder das eigen Gefühl als Grund angegeben, dass doch z.B. auch nichtheimische Pflanzen von zahlreichen Insekten besucht werden und es deswegen doch vielleicht sogar positiv sei, vermehrt auf nichtheimisch Pflanzen zu setzen, da sie mit dem Klimawandel besser zurechtkämen und sowieso einwandern werden.

Zum Glück gibt es dazu eine wissenschaftliche Arbeit, die Masterarbeit von Doris Lerch, die sie für die Öffentlichkeit frei gegeben hat.
Hierin wird klar festgestellt, dass Glockenblume eben nicht gleich Glockenblume ist und dass ein hohes Insektenaufkommen an einer Zierpflanze/Neophyt nicht Beweis dafür ist, dass sie für die heimische Insektenwelt von Wert ist.

Monika Ratte hat eine schöne Zusammenfassung der englischen Masterarbeit von Doris Lerch verfasst.

https://naturgarten.org/blog/2025/02/21 ... 4-UJzyKP9g

Die im Text vorkommenden Grafiken habe ich hier auch noch mal als Foto

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"Und während die Welt ruft… Du kannst nicht alle retten! …flüstert die Hoffnung… Und wenn es nur einer ist… Versuch es! Sylvia Raßloff
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Ann1981 »

zwei Gedanken zu/ gegen "Die wandern doch eh ein.":
Die Wanderbewegungen von Pflanzen sind viel, viel, viel..... langsamer als die Massenverkäufe über Baumärkte. Eine Umstellung/ Anpassung von Flora und Fauna ist möglich.

Keine Pflanze schafft es über einen Ozean. "Exoten" von den amerikanischen Kontinenten würden in Mitteleuropa auf natürliche Weise nie, nie, nie... vorkommen.
"Das Äußere einer Pflanze ist nur die Hälfte ihrer Wirklichkeit." (Wolle Goethe)
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Alma
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Alma »

Hier in der Rheinebene bei Karlsruhe gibt es einige Wäldchen die abgestorben sind.
Vertrocknet, vom Käfer gefressen oder wie man heute sagt: Komplexkrankeiten (ein neuer Begriff der zusammenfasst, dass die Bäume an den komplexen Stresssituationen im Zusammenspiel eingehen)
Das waren Wälchen ca. 100x100m. Mit Berg- und Feldahorn, Eiche, Kiefer.
Jetzt stehen dort die spätblühende Traubenkirsche und Brombeeren
Dort ist das mediterrane Klima schon eingezogen. Ein mitteleuropäischer Wald wird dort schwer wieder kommen.
Also warum nicht einen Wald anpflanzen oder aussäen der dort auch Zukunft hat?
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Simbienchen
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Simbienchen »

Können wir das Waldthema bitte im anderen Thementread erläutern? :knuddel

Hier geht es um das Gärtnern in unseren Horti... :pfeiffen
"Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann -tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde!"
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Re: Gärtnern zu Zeiten des Klimawandels....

Beitrag von Primulaveris »

Alma hat geschrieben: Sa 16. Aug 2025, 08:11 Hier in der Rheinebene bei Karlsruhe gibt es einige Wäldchen die abgestorben sind.

...

Also warum nicht einen Wald anpflanzen oder aussäen der dort auch Zukunft hat?
Trotzdem noch kurz hier:

Na, aus genau dem gleichen Grund wie bei allen anderen Pflanzen?? Weil die heimischen Hirschkäfer Eichen wollen und nicht Traubenkirschen von einem anderen Kontinent?

Oder anders: Wer behauptet, dass die heimischen Pflanzen keine Zukunft hätten?

100 x 100 m ist ja eher ein Baum-Beet, und auf einem gestörten und verbrombeerten Standort wächst dann nicht ohne Weiteres(ohne Hilfe) "Wald", sondern die "Invasiven" wie Spätbl. Traubenkirsche oder Robinie reißen sie an sich. Blöd genug, dass die losgeslassen!
Aber Traubeneichen, Feldahorn, Sandbirke, Espe usw. würden da im heißen Rheinebenensand ja trotzdem wachsen KÖNNEN, oder meinetwegen die "Mediterranen" wie Esskastanie, Flaumeiche etc.
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