Tiny Forests
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Re: Tiny Forests
Nein, das finde ich auch nicht. Kohlenstoffspeicherung und Albedo-Effekt sind ja nicht alles. Da gibt es ja noch globalen Wasserhaushalt, Wetterbeeinflussung, Kühlungseffekt, Luftfilterung, Artenreichtum und so weiter.
Außerdem glaube ich nicht, dass das mit dem Kohlenstoff so stimmt. Nur, wenn man einzelne Bäume auf x Quadratmetern versus Grasland anguckt. Es gibt aber noch die tiefe Humusschicht im Wald und eine Vielzahl anderer Pflanzen.
Bäume sind außerdem immer noch Welten besser, als alles, was der Mensch mit viel Technikaufwand kann. Ja, alte Bäume nehmen im Verhältnis weniger CO2 auf als stark wachsende. Aber sie halten es dafür auch sehr lange. UND produzieren Sauerstoff UND verhindern Erosion UND ernähren Andere UND so weiter.
Waldbashing wollte ich ja nun auch nicht, aber der Greenwashing-Effekt ist vielleicht auch nicht ganz von der Hand zu weisen.
Kritiker reden wie Forstindustrie doch meist über Altersklassen-Baumäcker, nicht das Ökosystem Urwald. Wald ist so viel mehr als Bäume.
Außerdem glaube ich nicht, dass das mit dem Kohlenstoff so stimmt. Nur, wenn man einzelne Bäume auf x Quadratmetern versus Grasland anguckt. Es gibt aber noch die tiefe Humusschicht im Wald und eine Vielzahl anderer Pflanzen.
Bäume sind außerdem immer noch Welten besser, als alles, was der Mensch mit viel Technikaufwand kann. Ja, alte Bäume nehmen im Verhältnis weniger CO2 auf als stark wachsende. Aber sie halten es dafür auch sehr lange. UND produzieren Sauerstoff UND verhindern Erosion UND ernähren Andere UND so weiter.
Waldbashing wollte ich ja nun auch nicht, aber der Greenwashing-Effekt ist vielleicht auch nicht ganz von der Hand zu weisen.
Kritiker reden wie Forstindustrie doch meist über Altersklassen-Baumäcker, nicht das Ökosystem Urwald. Wald ist so viel mehr als Bäume.
- Pettersson
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Re: Tiny Forests
Die Ideen und Projekte sind bestechend!
Nach meiner Einschätzung ist das größte Problem die Gesinnung vieler Mitmenschen. Auch auf den Flächen von Betrieben kann vieles entstehen, doch beobachte ich seit Jahren mit Groll die Zerstörung der Natur an meiner Arbeitsstätte! Unser Standort wurde vor einiger Zeit "Das grüne Werk im Konzern" genannt. Vor 50 Jahren und auch davor wurden viele Heckenpflanzungen angelegt. Alte Bäume durften in Frieden wachsen und nur gefährliche Äste wurden entfernt. An einer Stelle entstand über knapp 20 Jahre ein tiny forest von geschätzten 30 mal 15 Metern.
Inzwischen wurden sämtliche Hecken rausgerissen, unzählige Bäume gefällt, Magerrasen mit "hochwertiger" Erde aufgefüllt und der tiny forest in einen "Park" umgewandelt: Einige Pappeln durften bleiben. Selbstverständlich in annäherndem Schachbrettmuster. Vormals konnte man dort Im Frühsommer tolle Baumblüten und Wildkräuter für den Tee sammeln. Als "Ausgleich" wurden Tulpenzwiebeln gesteckt und grottige Insektenhotels aufgestellt.
Wo vor Kurzem noch Vögel zu beobachten waren heißt es nun nur noch "bonjour tristesse". Maschendrahtzaun oben mit Stacheldraht, hohe Betonstützmauern, usw. - vorher alles verdeckt. Es ist nun eine Mischung aus Knast und Kaserne geworden und Mitarbeiter des Betriebs, der für die Pflege zuständig ist knattern ständig mit Rasenmähern, Freischneidern und Laubverwirblern rum.
Wenn ein einzelner Sturkopf des Facility Managements solche Entscheidungen eigenmächtig treffen kann und Landschaftsbetriebe keine vernünftigen Lösungen durchsetzten können / wollen, besteht ein Problem für die Natur.
Nach meiner Einschätzung ist das größte Problem die Gesinnung vieler Mitmenschen. Auch auf den Flächen von Betrieben kann vieles entstehen, doch beobachte ich seit Jahren mit Groll die Zerstörung der Natur an meiner Arbeitsstätte! Unser Standort wurde vor einiger Zeit "Das grüne Werk im Konzern" genannt. Vor 50 Jahren und auch davor wurden viele Heckenpflanzungen angelegt. Alte Bäume durften in Frieden wachsen und nur gefährliche Äste wurden entfernt. An einer Stelle entstand über knapp 20 Jahre ein tiny forest von geschätzten 30 mal 15 Metern.
Inzwischen wurden sämtliche Hecken rausgerissen, unzählige Bäume gefällt, Magerrasen mit "hochwertiger" Erde aufgefüllt und der tiny forest in einen "Park" umgewandelt: Einige Pappeln durften bleiben. Selbstverständlich in annäherndem Schachbrettmuster. Vormals konnte man dort Im Frühsommer tolle Baumblüten und Wildkräuter für den Tee sammeln. Als "Ausgleich" wurden Tulpenzwiebeln gesteckt und grottige Insektenhotels aufgestellt.
Wo vor Kurzem noch Vögel zu beobachten waren heißt es nun nur noch "bonjour tristesse". Maschendrahtzaun oben mit Stacheldraht, hohe Betonstützmauern, usw. - vorher alles verdeckt. Es ist nun eine Mischung aus Knast und Kaserne geworden und Mitarbeiter des Betriebs, der für die Pflege zuständig ist knattern ständig mit Rasenmähern, Freischneidern und Laubverwirblern rum.
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Der wahre Reichtum eines Menschen bemisst sich an der Zahl der Dinge auf die er verzichten kann. (H.D. Thoreau)
Leben allein genügt nicht, sagte der Schmetterling. Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man auch haben. (H.C. Andersen)
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Re: Tiny Forests
Die von Naturgarten vorgebrachte Kritik über die Tiny Forests (rein kommerzielle Interessen, Greenwashing, kein Retten der Städte alleine mit Tiny Forests möglich etc.) habe ich natürlich auch gelesen und mir meine Gedanken gemacht. Es wird sicherlich Organisationen geben, die auf den Zug aufspringen oder schon aufgesprungen sind, das Ganze groß aufziehen und unter dem Deckmantel der Umweltbildung und des Klimaschutzes ordentlich Profit einfahren möchten.
Zur von Naturgarten als Beispiel angeführte Organisation muß ich noch ein bißchen Recherche betreiben. Beim Link über die Miya-Forests, den ich weiter oben eingestellt habe, habe ich jedoch einen ganz anderen Eindruck. Vieles wird wissenschaftlich begleitet, sogar von der Hochschule Eberswalde. Das Team von Miya scheint hochmotiviert, man sucht via Crowdfunding Spender für einzelne Projekte, Mitglied werden kann man ja auch.
https://www.miya-forest.de/forschung
Wer weiterliest, kommt über ihre Seite zu einem Projekt, wo eine Streuobstwiese entstehen soll, mit einem Miya-Forest außen herum, quasi als Pufferzone, und das kombiniert mit Agroforst und Permakultur. Man geht hier also viel weiter als nur bis zum Tiny Forest.
Es wird immer besser, denn zusammen mit der Organisation "Freiwald" ist es ihr Ziel, die erste solidarische Baumschule zu gründen! Man könnte dort Mitglied werden und erhält später eine Anzahl Gehölze für den eigenen Garten. Wer vielleicht keinen Garten hat, könnte trotzdem Mitglied werden und seine Gehölze ans Miya-Team spenden, die es dann für das nächste Schul- oder Kindergartenprojekt verwenden.
Nach dem Durchsehen der Miya-Homepage kann ich nicht erkennen, daß ihr Fokus auf Greenwashing oder dem Anhäufen von Reichtümern liegt, eher im Gegenteil.
Was Naturgarten gar nicht auf dem Schirm hat, sind auch andere Dinge. Angeprangert wird der Aufwand vor dem Anlegen eines Tiny Forest mit der Bodenprobe, dem Abtragen des Oberbodens, Auftragen von Kompost, Terra Preta und anderen Materialien. Ja, wo ist denn der große Unterschied, wenn Naturgarten einen Boden untersucht, den Boden abtragen läßt und viel Sand, Kalkschotter und Kies auf große Flächen verteilt, um Magerflächen zu schaffen?
Des weiteren bedenken sie nicht den positiven Effekt auf die menschliche Gesundheit. Wenn jemand auf einen kleinen Wald guckt vom Arbeitsplatz oder der Wohnung aus, wirkt sich das positiver aus, als wenn er auf einen großen Parkplatz oder eine tote Rasenfläche schauen muß. Das hat nachweislich gute Auswirkungen auf die menschliche Psyche und hält einen in der Balance. (Wahrscheinlich ist der Anblick sogar positiver als der Ausguck auf ein junges Magerbeet, wage ich mal zu behaupten. "Grün" tut uns Menschen einfach gut.)
Die Gehölze im Tiny Forest, die nicht alt werden wegen Lichtmangel, verbleiben als Biomasse auf der Fläche und nähren Insekten und werden zu Humus umgewandelt. Und wie ich auch schon beschrieben habe, könnte auf lange Sicht eine offene Landschaft mit einigen wenigen großen Bäumen entstehen, was wiederum der Artenvielfalt dienlich ist.
Zum Schluß möchte ich anmerken, wie wichtig es ist, daß mit versiegelten Flächen oder totem Rasen in den Städten etwas "passiert". Jeder angelegte Tiny Forest ist wertvoller als ein asphaltierter Platz und dabei spielt es keine Rolle, ob der Tiny Forest als Greenwashing-Maßnahme oder als Herzensangelegenheit begann. "Nur" mit dem Anlegen der kleinen Wälder kann man weder eine Stadt noch die Welt retten, das kann nur einer der vielen Bausteine sein.
Zur von Naturgarten als Beispiel angeführte Organisation muß ich noch ein bißchen Recherche betreiben. Beim Link über die Miya-Forests, den ich weiter oben eingestellt habe, habe ich jedoch einen ganz anderen Eindruck. Vieles wird wissenschaftlich begleitet, sogar von der Hochschule Eberswalde. Das Team von Miya scheint hochmotiviert, man sucht via Crowdfunding Spender für einzelne Projekte, Mitglied werden kann man ja auch.
https://www.miya-forest.de/forschung
Wer weiterliest, kommt über ihre Seite zu einem Projekt, wo eine Streuobstwiese entstehen soll, mit einem Miya-Forest außen herum, quasi als Pufferzone, und das kombiniert mit Agroforst und Permakultur. Man geht hier also viel weiter als nur bis zum Tiny Forest.
Es wird immer besser, denn zusammen mit der Organisation "Freiwald" ist es ihr Ziel, die erste solidarische Baumschule zu gründen! Man könnte dort Mitglied werden und erhält später eine Anzahl Gehölze für den eigenen Garten. Wer vielleicht keinen Garten hat, könnte trotzdem Mitglied werden und seine Gehölze ans Miya-Team spenden, die es dann für das nächste Schul- oder Kindergartenprojekt verwenden.
Nach dem Durchsehen der Miya-Homepage kann ich nicht erkennen, daß ihr Fokus auf Greenwashing oder dem Anhäufen von Reichtümern liegt, eher im Gegenteil.
Was Naturgarten gar nicht auf dem Schirm hat, sind auch andere Dinge. Angeprangert wird der Aufwand vor dem Anlegen eines Tiny Forest mit der Bodenprobe, dem Abtragen des Oberbodens, Auftragen von Kompost, Terra Preta und anderen Materialien. Ja, wo ist denn der große Unterschied, wenn Naturgarten einen Boden untersucht, den Boden abtragen läßt und viel Sand, Kalkschotter und Kies auf große Flächen verteilt, um Magerflächen zu schaffen?
Des weiteren bedenken sie nicht den positiven Effekt auf die menschliche Gesundheit. Wenn jemand auf einen kleinen Wald guckt vom Arbeitsplatz oder der Wohnung aus, wirkt sich das positiver aus, als wenn er auf einen großen Parkplatz oder eine tote Rasenfläche schauen muß. Das hat nachweislich gute Auswirkungen auf die menschliche Psyche und hält einen in der Balance. (Wahrscheinlich ist der Anblick sogar positiver als der Ausguck auf ein junges Magerbeet, wage ich mal zu behaupten. "Grün" tut uns Menschen einfach gut.)
Die Gehölze im Tiny Forest, die nicht alt werden wegen Lichtmangel, verbleiben als Biomasse auf der Fläche und nähren Insekten und werden zu Humus umgewandelt. Und wie ich auch schon beschrieben habe, könnte auf lange Sicht eine offene Landschaft mit einigen wenigen großen Bäumen entstehen, was wiederum der Artenvielfalt dienlich ist.
Zum Schluß möchte ich anmerken, wie wichtig es ist, daß mit versiegelten Flächen oder totem Rasen in den Städten etwas "passiert". Jeder angelegte Tiny Forest ist wertvoller als ein asphaltierter Platz und dabei spielt es keine Rolle, ob der Tiny Forest als Greenwashing-Maßnahme oder als Herzensangelegenheit begann. "Nur" mit dem Anlegen der kleinen Wälder kann man weder eine Stadt noch die Welt retten, das kann nur einer der vielen Bausteine sein.
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Re: Tiny Forests
Ich war mit der NaturGarten-Kritik auch ganz und gar nicht glücklich – vielen Dank, @tree12, daß Du Dir die Zeit genommen hast, das mal genauer zu beleuchten.
Mir sind da noch zwei weitere Punkte sauer aufgestoßen.
Geradezu grotesk verzerrt hat man folgenden Punkt: "Was aber viel schwerer wiegt: Wälder absorbieren Sonnenstrahlung viel besser als Grünland und bewirken deshalb eine Erwärmung des Klimas. Dass dieser physikalische Effekt (Albedo) stärker ist als der biologische der relativ geringen Netto-Kohlenstoffspeicherung wurde nicht nur für die Wälder der Nordhalbkugel, sondern auch für Savannen nachgewiesen. Auch wenn es unserer Alltagserfahrung widerspricht: es ist klimaschädlich, vor allem in nördlichen Breitengraden und in Savannen, Grasland aufzuforsten."
In der Quelle 7 spielt der Forscher verschiedene Phänomene der Klimamodellierung durch. Und tatsächlich kommt er zu dem Schluß, daß die Bewaldung nördlich des 45. Breitengrades wirklich das Klima leicht erwärmt. Aber er betont, daß die "Änderung der globalen Mitteltemperatur" dennoch "klein" sei, und zwar "nur wenige Zehntel Grad" – "bei vollständiger Abholzung [...] der Landflächen nördlich von 45°N" !!! Na, viel Spaß dabei! Daraus abzuleiten, daß Aufforstung in unseren Breiten (45°N geht in Südfrankreich durch die Auvergne!) kontraproduktiv sei, weil es eigentlich zur Klimaerwärmung beitrage, ist intellektuell unlauter. Und es blendet zahllose ökologische Netzzusammenhänge aus, die Aufforstungen sogar enorm wünschenswert machen, und sei es zum Preis weniger Zehntel Grad Erwärmung! Da blieb mir echt die Spucke weg...
Und zweitens hat mich empört: "Diese „Baumerzählung“ wird emotional tief in den Kindern und ihren Familien verankert und die Informationen über komplexere naturwissenschaftliche Zusammenhänge und die Notwendigkeit eines Transformationsprozesses in Richtung eines klimafreundlichen Wirtschaftens damit erschwert. Sie suggerieren Kindern und Jugendlichen, sie könnten durch diese Maßnahme wirkungsvoll etwas gegen die Klimakrise tun."
Erstens kann man das auch als Einstieg betrachten, um sich dann über die komplexeren Zusammenhänge und Fragen des Wirtschaftens zu informieren. Und zweitens ist es enorm wichtig, Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten zu eröffnen, selbst gegen die Klimakrise etwas unternehmen zu können. Umwelttrauer/Klimadepression ist ein grassierendes Problem, dem Kinder und Jugendliche besonders hilflos ausgesetzt sind, weil sie quasi biographisch in einer hilf- und machtlosen Lage sind. Der Bund deutscher Psycholog*innen bspw. unterstützt explizit die FFF-Bewegung und quasi alle Maßnahmen, die es Jugendlichen ermöglichen, hier ein Ventil zu finden und selbst tätig zu werden. Weil es für die Psychohygiene einfach wichtig ist. Jetzt so zu tun, als würden baumpflanzende Kinder dadurch zu uninformierten, rücksichtslosen Konsumenten, weil sie sich denken, sie hätten ja einen Baum gepflanzt, ist intellektuell ebenfalls unlauter und gelinde gesagt zynisch. Ich glaube nicht, daß auch nur ein einziges Kind glaubt, daß die Welt gerettet ist und das Thema abgehakt, weil es jetzt einen Baum gepflanzt hat. Aber es fühlt sich höchstwahrscheinlich hinterher besser und findet für eine Weile ein kleines bißchen Trost, wenn die Erwachsenen in den Nachrichten wieder einmal kundtun, daß wir im Klimaschutz versagen und die worst-case-Szenarien alle eintreten.
Man kann vermutlich berechtigt kritisieren, daß einige solcher Projekte mitunter zum Greenwashing mißbraucht werden. Aber dann sollte man auch genau das kritisieren, und nicht so tun, als ginge an den Tiny Forests die Welt zugrunde.
So, jetzt hab ich doch auch einen Roman geschrieben, obwohl ich genau das nicht wollte. Sorry ;-)
Mir sind da noch zwei weitere Punkte sauer aufgestoßen.
Geradezu grotesk verzerrt hat man folgenden Punkt: "Was aber viel schwerer wiegt: Wälder absorbieren Sonnenstrahlung viel besser als Grünland und bewirken deshalb eine Erwärmung des Klimas. Dass dieser physikalische Effekt (Albedo) stärker ist als der biologische der relativ geringen Netto-Kohlenstoffspeicherung wurde nicht nur für die Wälder der Nordhalbkugel, sondern auch für Savannen nachgewiesen. Auch wenn es unserer Alltagserfahrung widerspricht: es ist klimaschädlich, vor allem in nördlichen Breitengraden und in Savannen, Grasland aufzuforsten."
In der Quelle 7 spielt der Forscher verschiedene Phänomene der Klimamodellierung durch. Und tatsächlich kommt er zu dem Schluß, daß die Bewaldung nördlich des 45. Breitengrades wirklich das Klima leicht erwärmt. Aber er betont, daß die "Änderung der globalen Mitteltemperatur" dennoch "klein" sei, und zwar "nur wenige Zehntel Grad" – "bei vollständiger Abholzung [...] der Landflächen nördlich von 45°N" !!! Na, viel Spaß dabei! Daraus abzuleiten, daß Aufforstung in unseren Breiten (45°N geht in Südfrankreich durch die Auvergne!) kontraproduktiv sei, weil es eigentlich zur Klimaerwärmung beitrage, ist intellektuell unlauter. Und es blendet zahllose ökologische Netzzusammenhänge aus, die Aufforstungen sogar enorm wünschenswert machen, und sei es zum Preis weniger Zehntel Grad Erwärmung! Da blieb mir echt die Spucke weg...
Und zweitens hat mich empört: "Diese „Baumerzählung“ wird emotional tief in den Kindern und ihren Familien verankert und die Informationen über komplexere naturwissenschaftliche Zusammenhänge und die Notwendigkeit eines Transformationsprozesses in Richtung eines klimafreundlichen Wirtschaftens damit erschwert. Sie suggerieren Kindern und Jugendlichen, sie könnten durch diese Maßnahme wirkungsvoll etwas gegen die Klimakrise tun."
Erstens kann man das auch als Einstieg betrachten, um sich dann über die komplexeren Zusammenhänge und Fragen des Wirtschaftens zu informieren. Und zweitens ist es enorm wichtig, Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten zu eröffnen, selbst gegen die Klimakrise etwas unternehmen zu können. Umwelttrauer/Klimadepression ist ein grassierendes Problem, dem Kinder und Jugendliche besonders hilflos ausgesetzt sind, weil sie quasi biographisch in einer hilf- und machtlosen Lage sind. Der Bund deutscher Psycholog*innen bspw. unterstützt explizit die FFF-Bewegung und quasi alle Maßnahmen, die es Jugendlichen ermöglichen, hier ein Ventil zu finden und selbst tätig zu werden. Weil es für die Psychohygiene einfach wichtig ist. Jetzt so zu tun, als würden baumpflanzende Kinder dadurch zu uninformierten, rücksichtslosen Konsumenten, weil sie sich denken, sie hätten ja einen Baum gepflanzt, ist intellektuell ebenfalls unlauter und gelinde gesagt zynisch. Ich glaube nicht, daß auch nur ein einziges Kind glaubt, daß die Welt gerettet ist und das Thema abgehakt, weil es jetzt einen Baum gepflanzt hat. Aber es fühlt sich höchstwahrscheinlich hinterher besser und findet für eine Weile ein kleines bißchen Trost, wenn die Erwachsenen in den Nachrichten wieder einmal kundtun, daß wir im Klimaschutz versagen und die worst-case-Szenarien alle eintreten.
Man kann vermutlich berechtigt kritisieren, daß einige solcher Projekte mitunter zum Greenwashing mißbraucht werden. Aber dann sollte man auch genau das kritisieren, und nicht so tun, als ginge an den Tiny Forests die Welt zugrunde.
So, jetzt hab ich doch auch einen Roman geschrieben, obwohl ich genau das nicht wollte. Sorry ;-)
»Wer der Gartenleidenschaft verfiel, ist noch nie geheilt worden. Er fühlt sich immer tiefer in sie verstrickt.« – Karl Foerster
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Re: Tiny Forests
Es ist eben ein sehr emotionales Thema weil es alle angeht, nicht nur uns denen die Zusammenhänge bewusst sind. Machtinteressen einiger Konzerne und der Holzmafia, kombiniert mit dem unbändigen Konsumverhalten.
Danke für die ausführlichen Kommentare.
Ich habe gerade die arte-Reportage "Wie Ikea unseren Planeten plündert" gesehen und komme darauf dies zu erwähnen weil es meiner Meinung nach zum Thema passt. Greenwashing, Abholzung von Naturschutzgebieten, Schmuh des FSC-Zertifikats und Ähnliches werden auch beleuchtet. In der ersten Hälfte geht es um die Erfolgsgeschichte des Unternehmens, mit der die Wandlung der Nutzung von Möbeln einhergeht.
Im Anschluss werden ökologische Aspekte und Umweltvergehen dokumentiert, wie auch für alle verständlich Unterschiede und Nutzen von intakten Wäldern und Baumplantagen erläutert. Mordversuche an Aktivisten und Morde an Förstern kommen ebenso zur Sprache wie der Aufkauf von Wäldern in Osteuropa und deren Umwandlung in Baumplantagen. Vervollständigt wird die Vorgehensweise durch den Kauf von Rinder- und Schaffarmen in Neuseeland, die dann ebenfalls in Kiefernplantagen umgewandelt werden. Das Perfide daran: Dies sind anerkannte "Ausgleichspflanzungen".
Solange der Mensch mit der Zerstörung unseres Planeten Geld verdienen kann wird er es tun.
Danke für die ausführlichen Kommentare.
Ich habe gerade die arte-Reportage "Wie Ikea unseren Planeten plündert" gesehen und komme darauf dies zu erwähnen weil es meiner Meinung nach zum Thema passt. Greenwashing, Abholzung von Naturschutzgebieten, Schmuh des FSC-Zertifikats und Ähnliches werden auch beleuchtet. In der ersten Hälfte geht es um die Erfolgsgeschichte des Unternehmens, mit der die Wandlung der Nutzung von Möbeln einhergeht.
Im Anschluss werden ökologische Aspekte und Umweltvergehen dokumentiert, wie auch für alle verständlich Unterschiede und Nutzen von intakten Wäldern und Baumplantagen erläutert. Mordversuche an Aktivisten und Morde an Förstern kommen ebenso zur Sprache wie der Aufkauf von Wäldern in Osteuropa und deren Umwandlung in Baumplantagen. Vervollständigt wird die Vorgehensweise durch den Kauf von Rinder- und Schaffarmen in Neuseeland, die dann ebenfalls in Kiefernplantagen umgewandelt werden. Das Perfide daran: Dies sind anerkannte "Ausgleichspflanzungen".
Solange der Mensch mit der Zerstörung unseres Planeten Geld verdienen kann wird er es tun.
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Leben allein genügt nicht, sagte der Schmetterling. Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume muss man auch haben. (H.C. Andersen)
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Re: Tiny Forests
Heute Morgen hat mir Youtube ein Video von einem Ecosia-Baumpflanzprojekt im Senegal vorgeschlagen – ich fand es sehr interessant! Ist zwar kein Tiny Forest, paßt aber hier doch irgendwie ganz gut. Deutsche Untertitel sind verfügbar (das Zahnrad-Symbol unten rechts für die Sprache, dann das Untertitel-Symbol links daneben anwählen (rot unterstichen ist an))
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Tiny Forest oder viele Bäume auf wenig Platz
Edit: verschoben aus der Pufferzone, weil ich den thread nicht sofort gefunden habe.
Angeregt von @Ann1981 und ihrem Tiny-Forest-Plan in ihrem Hortus habe ich mich mal ein wenig im Netz umgeguckt und folgendes zum Thema Tiny Forest gefunden.
Die Idee ist, einen Wald schneller wachsen zu lassen, als die natürliche Sukzession es macht. Es werden also Bäume aus verschiedenen Stadien der Sukzession gepflanzt - dies läßt sich der Größe nach in 4 Schichten gliedern:
Zur Anlage sind die folgenden Schritte angdacht:
Angeregt von @Ann1981 und ihrem Tiny-Forest-Plan in ihrem Hortus habe ich mich mal ein wenig im Netz umgeguckt und folgendes zum Thema Tiny Forest gefunden.
Die Idee ist, einen Wald schneller wachsen zu lassen, als die natürliche Sukzession es macht. Es werden also Bäume aus verschiedenen Stadien der Sukzession gepflanzt - dies läßt sich der Größe nach in 4 Schichten gliedern:
- Kronenschichtfür Großbäume
- Unterholzschicht für Bäume
- Strauchschicht
- Krautschicht
Zur Anlage sind die folgenden Schritte angdacht:
- 1. Flächenauswahl
meist ab 200m² (ggf. auch ab 100m²), mindestens 4m breit ohne durch Wege durchbrochen zu sein, weitere Kriterien hier
- 2. Exkursion zur Erforschung der regionalen Natur.
- Welche heimischen Bäume/Pflanzen wachsen im Umkreis von ca 2km?
- Welche Bäume/Pflanzen wachsen gerne zusammen?
- 3. Bodenanalyse und Bodenaufbereitung
eine gute Übersicht und Maßnahmen findet sich hier auch im oben verlinkten Handbuch für Natur- und Waldkindergärten
Der Begründer der Tiny- Forests, Akira Miyawaki, und sein erster Nachahmer Shubhendu Sharma hatten dies mit Einarbeitung von Terra Preta und Effektiven Mikroorganismen auf 1m Tiefe gemacht, aber Sand, Stroh, Häcksel, Mist und Kompost sollten das genauso gut tun. Das Ziel ist es, einen lockeren, durchlüfteten Boden mit guter Wasserhaltefähigkeit und aktivem Bodenleben zu schaffen, damit die Bäume schnell einwurzeln und trotz der höheren Pflanzdichte genügend Nährstoffe bekommen.
- 4. Pflanzen
Die Verteilung der Bäume soll ca 15-20% der Kronenschicht zugeordnet sein, 40-50% der Unterholzschicht ( ich finde Baumschicht passender), 25-30% der Strauchschicht und ca. 8-12% der Krautschicht. Insgesamt sollen 3-4, je nach Quelle auch 4-6 Bäume pro Quadratmeter gepflanzt werden, und es sollen möglichst viele (mind. 20, je nach Quelle 25-50) verschiedene einheimische Arten sein.
- 5. Initialpflege
Bis der Tiny Forest eingewachsen ist, was ca 3 Jahre dauern soll, soll der Boden dauerhaft von einer ca 15cm hohen Mulchschicht bedeckt sein, um den Waldboden zu simulieren, danach soll der Wald ich wohl selber mulchen, bzw. selbst für Waldboden sorgen.
Falls es im ersten oder den ersten beiden Jahren trocken wird (Blätter hängen) soll gegossen werden, allerdings maximal einmal die Woche durchdringend, damit die Bäume sich nicht durch Ausbildung von Flachwurzeln an das oberflächennahe Gießwasser anpassen.
- Ann1981
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Re: Tiny Forests
Nachdem ich mich methodisch fit genug zur Anlage der Hecke nach dem Tiny-Forest-Prinzip fühlte, wollte ich mehr über Erfolgs- und Wachstumsaussichten wissen. Nach folgendem Video bete ich nun zum Gartengott.
"Das Äußere einer Pflanze ist nur die Hälfte ihrer Wirklichkeit." (Wolle Goethe)
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Re: Tiny Forests
@Ann1981
Ich habe mir das Video jetzt ein zweitesmal angesehen... Es ist erstaunlich, wie zügig und dicht der kleine Wald auf der einen Seite wächst. Aber die andere Seite, die an eine halboffene Landschaft erinnert, gefällt mir auch. Ist halt "anders" schön.
Wenn an die halboffene kleine Landschaft jetzt noch eine Magerwiese mit Wasserstelle angrenzen würde, wäre es perfekt. Die halboffene Landschaft hat den Vorteil, daß überall Licht hinkommt, was ja auch viele Tierarten brauchen.
Ich liebe diese Tiny Forests, auch wenn sie nicht das alleinige Heilmittel für urbane Räume sein können. Aber sie können u. a. als wertvolles Trittsteinbiotop innerhalb von Kommunen dienen. Und "schnelles Grün" wird dringend benötigt, alleine wegen des Ausblicks darauf und die menschliche Gesundheit, die erwiesenermaßen davon profitiert.
Ich habe mir das Video jetzt ein zweitesmal angesehen... Es ist erstaunlich, wie zügig und dicht der kleine Wald auf der einen Seite wächst. Aber die andere Seite, die an eine halboffene Landschaft erinnert, gefällt mir auch. Ist halt "anders" schön.
Wenn an die halboffene kleine Landschaft jetzt noch eine Magerwiese mit Wasserstelle angrenzen würde, wäre es perfekt. Die halboffene Landschaft hat den Vorteil, daß überall Licht hinkommt, was ja auch viele Tierarten brauchen.
Ich liebe diese Tiny Forests, auch wenn sie nicht das alleinige Heilmittel für urbane Räume sein können. Aber sie können u. a. als wertvolles Trittsteinbiotop innerhalb von Kommunen dienen. Und "schnelles Grün" wird dringend benötigt, alleine wegen des Ausblicks darauf und die menschliche Gesundheit, die erwiesenermaßen davon profitiert.
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Re: Tiny Forests
@Somnia
Ich habe jetzt die Gelegenheit gefunden, in Dein empfohlenes Handbuch reinzuschauen. Hochinteressant, danke dafür!! Sehr anschaulich finde ich die Beschreibung für die Anlage von 25 qm Tiny Forest... man benötigt 75 Pflanzen dafür, Bäume, Sträucher und Stauden. Man bekommt ein Gefühl dafür, wieviel gebraucht wird bei einer größeren Fläche von beispielsweise 200 oder 300 qm. Es ist wirklich eine Menge!
Auch weiter unten, die Empfehlungen für die Bodenvorbereitung bei sandigem, lehmigem oder moorigem Boden... gute Sache!
Ich habe jetzt die Gelegenheit gefunden, in Dein empfohlenes Handbuch reinzuschauen. Hochinteressant, danke dafür!! Sehr anschaulich finde ich die Beschreibung für die Anlage von 25 qm Tiny Forest... man benötigt 75 Pflanzen dafür, Bäume, Sträucher und Stauden. Man bekommt ein Gefühl dafür, wieviel gebraucht wird bei einer größeren Fläche von beispielsweise 200 oder 300 qm. Es ist wirklich eine Menge!
Auch weiter unten, die Empfehlungen für die Bodenvorbereitung bei sandigem, lehmigem oder moorigem Boden... gute Sache!