Biodiversität in der Stadt

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tree12
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Biodiversität in der Stadt

Beitrag von tree12 »

Nun bin ich doch ein wenig aufgeregt. Ich werde sehr bald schon einem Kreis auserwählter Personen angehören, von denen jede eine Organisation vertritt, die sich in Sachen Arten/Umwelt/Naturschutz stark macht. Organisiert wird das ganze von unserer Stadt, die etliche Akteure eingeladen hat, Ideen zu sammeln, einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten und die Gewichtungen zu verteilen. Es geht wohl im Juli richtig los, da werden bereits vorliegende Grundlagen vorgestellt.

Ich werde unseren kleinen Streuobstwiesenverein vertreten (obwohl ich da gar nicht im Vorstand bin) und natürlich dafür plädieren, daß noch viel mehr Streuobstwiesen angelegt werden. Und daß vor allen Dingen die nachfolgende Pflege und Finanzierung gesichert ist (es bringt ja nix, nur mal eben ein paar Bäume zu pflanzen und sich um die Folgearbeiten keine Gedanken zu machen). Bis zum ersten Quartal 2024 muß alles auf festen Beinen stehen. Es werden noch viel mehr Themen rund um die Biodiversität in der Stadt behandelt werden, da sitzen auch ganz große Akteure mit am Tisch wie - vermutlich - der BUND oder die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald...

Das wäre für mich das allererste Mal, daß ich bei so etwas dabei bin und sprechen und abstimmen soll... Näheres weiß ich noch nicht, auch nicht, wann genau es losgeht, wo und wie man sich trifft. Sollten Präsenzveranstaltungen während meiner Arbeitszeit stattfinden, werde ich mit ziemlicher Sicherheit freigestellt werden, da ich ja eine Aufgabe wahrnehme, die dem öffentlichen Interesse dient... Puh, und für so etwas habe ich mich freiwillig zur Verfügung gestellt... *ächz* Ich habe aber eine tolle Vertretung, mit der ich mich wunderbar austauschen kann.

Ich muß verrückt geworden sein, ich habe jetzt schon Bammel. Ein bißchen freue ich mich aber auch schon auf die Herausforderung. Hoffentlich kommt wirklich etwas dabei herum und es ist keine bloße Alibi-Veranstaltung so nach dem Motto: Wir als Stadt haben ja alle an den runden Tisch gerufen und wir haben einen riesigen Maßnahmenkatalog erarbeitet... muß ja niemand wissen, daß wir nix finanzieren und auch kein Personal haben, freie Flächen gibt es auch nicht und überhaupt ist alles wichtiger als Klima und Artenschutz.... :flucht :o :D
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SchwurbelfreierGarten
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von SchwurbelfreierGarten »

Du hast genug Wissen angesammelt, hab Vertrauen in Dich. Aber ich kanns nachvollziehen. Anfang des Jahres hab ich hier eine Kirchengemeinde beraten. Diese Woche soll ich einem Golfplatz beraten. Da fühlt man sich dann schon immer etwas klein. Was mir gut hilft, sind die Baudirnatur Broschüren.
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Erebus
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von Erebus »

Ach Andrea,
du schaffst das. Du wirst Steine ins Rollen bringen.

Wenn du mit den Vertretern von Stadt und Kommune sprichst, zeig Ihnen, das sie mit vielen Maßnahmen auch Geld einsparen können.
Wer Bäume pflanzt, kühlt die Stadt runter. Wer Grünflächen in Blühflächen wandelt, muss nicht wöchentlich mähen.

Mach ihnen dein (unser) Konzept schmackhaft. Vielleicht ist das der Beginn einer weiteren Karriere. Ich vertraue dir da völlig
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von tree12 »

Es wird langsam ernst, ich bin nun der Stadt offiziell als Entsandte unseres kleinen Streuobstwiesenvereins gemeldet worden. Jetzt muß ich warten, bis ich Infos kriege, wann genau es losgeht und wie sich die Treffen gestalten werden. :flucht :cool
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Erebus
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von Erebus »

Wenn du deine Stadt/Kommunenvertreter triffst - zeig ihnen doch das Haarer Modell
https://www.stadtgruen-naturnah.de/teilnehmende/haar/
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tree12
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von tree12 »

Mal abwarten, es könnte sowieso auch Naturgarten e. V. geladen sein, die können ja das Haarer Modell... Ich bin in erster Linie für die Streuobstwiesen dort mit an Bord, werde aber natürlich auch noch andere Vorschläge unterbreiten.
tree12
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von tree12 »

Ich habe letzte Woche der Stadt meine Vorschläge geschickt, es war nicht so ganz einfach, weil ich mein gesammeltes Wissen bestimmten Fragen zuordnen mußte, die sich auch teilweise gegenseitig überschnitten haben... Jedenfalls saß ich mehrere Stunden dran, habe meine Notizen geordnet, manches nochmal durchdacht, manches mehr präzisiert, Kleinigkeiten weggelassen usw. Am Folgetag habe ich alles mehrfach durchgelesen, an einigen Stellen noch Ergänzungen beigefügt und mein Werk abgeschickt.

Eine Eingangsbestätigung der Naturschutzbehörde kam bereits, es wird alles ausgewertet und wir als Verein werden "zu einem späteren Zeitpunkt" darüber informiert werden, wie es weitergeht. Was immer das nun heißen mag. Ich habe immer noch keinen blassen Schimmer, welche Organisationen oder Personen dort beteiligt sind, ob es Treffen und Arbeitskreise in Präsenz geben wird und in welcher Form die Vereine mitarbeiten werden. Da es in zwei Monaten nicht eine einzige Nachfrage, ja nicht einmal eine Erinnerung an die Beantwortung der Fragen gab, regen sich bei mir immer mehr Zweifel. Wahrscheinlich erarbeiten wir alles nur für die Schublade und die Stadt kann nachher gegenüber den Medien behaupten, die Aktion wäre unter "Bürgerbeteiligung" abgelaufen.

Ich zumindest habe mein Bestes gegeben und kann jetzt nur abwarten. Immerhin bekam ich ein dickes Lob unseres Vereinsvorsitzenden. In seinen Augen bin ich ein "Wissenslexikon"... :oops
tree12
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von tree12 »

Da unsere für heute geplante kleine Wanderung wegen Regen nicht stattfand, haben wir spontan ein bißchen Öko-Sightseeing in unserer Stadt eingelegt. Quasi am anderen Ende der Stadt gibt es ein kleines Naturschutzgebiet, eine Binnendüne, die ich bisher nur aus der Zeitung kannte. Danach wollten wir einen großen Friedhof ansteuern, den der NABU kürzlich als "schmetterlingfreundlich" auszeichnete und wo es mehrere ökologisch wertvolle Elemente geben sollte. In der Zeitung sehen diese Flächen ja immer super gelungen aus...

Das kleine, langgezogene Naturschutzgebiet befindet sich inmitten einer großen Siedlung mit ausgedehnten Grünflächen zwischen den Wohnblöcken. Es gibt auf den Wegen durch die Düne etliche Mülleimer, viel zu klein dimensioniert. Kürzlich wurden die Ränder an den Wegen gemäht und gleichzeitig haben sie all den Müll geschreddert, der dort lag. Um die paar Bänke lag auch viel Müll, zwischendrin fand sich Hundekot, mal mit, mal ohne Beutel drum herum. Das Herz der Düne besteht wirklich aus purem Sand mit Silbergras, es ist aber winzig klein und nicht wirklich geschützt vor Menschen oder Hunden. Die Wiesen erschienen mir sehr artenarm, es gab viel Brennesseln und viel Gras. Irgendwo mittendrin winkte mir eine einzelne wilde Malve zu. Und wirklich überall reckten stark bedornte Robiniensämlinge aggressiv ihre Äste in die Höhe. Es hat mich traurig gemacht, daß die Anwohner diesen Naturschatz so vermüllen und daß offenbar viel zu wenig Geld vorhanden ist, um die Verbuschung zu unterdrücken und die Wiesen fachgerecht zu pflegen.

Danach ging es weiter zum Friedhof, der in der Zeitung immer wieder lobend Erwähnung findet als Paradebeispiel für eine gelungene ökologische Aufwertung. Angeblich wurden wahnsinnig viele Rasenflächen in Wildblumenwiesen umgewandelt. Ich weiß, es ist Oktober und da blüht nicht mehr viel... an den Rändern der Flächen befanden sich ein paar Disteln, ansonsten sah ich nur eins, nämlich viel Gras, hohes Gras, keine echten Säume. Sie haben ein paar Bäume gepflanzt, drum herum auch nur Gras, das soll man nicht betreten wegen der vielen Zwiebeln, die dort versenkt wurden. Im Moment sieht das alles echt trostlos aus und man kann sich dort keine blühenden Krokusse oder Winterlinge vorstellen. Die Wiesen werden völlig falsch gepflegt!

Wir kamen an einem neu errichteten "Insektenhotel" vorbei, eine dieser riesigen Anlagen, die nicht mehr zeitgemäß sind und nur für die Optik hingestellt werden. Natürlich ist es schlecht befüllt, mit rissigem Holz, mit Gipssteinen, die Feuchtigkeit anziehen, mit Zapfen und mit Holzschnitzeln. Die integrierte Lehmwand ist gut gemeint, aber schlecht gemacht, viel zu hart und nicht geschützt vor Zugriff. Die Schilfmatte ist von schlechter Qualität, ausgefranst und billig. Wir suchten fast vergeblich nach besiedelten Löchern in diesem "Hotel". Da ist bei uns vor der Haustür auf jeden Fall viel mehr los!! Ich war ja fast erschüttert von diesem Anblick. Unweit des "Hotels" hat ein Imker seine Bienenvölker aufgestellt, alles sehr lieblos und optisch wenig ansprechend, wirkte fast wie eine kleine Müllkippe mit Paletten und Plastikzeugs auf der Erde.

Der Weg führte an einem Element vorbei mit viel Totholz und einem Steinhaufen, ganz neu und wirklich schön gemacht. Aber eigentlich viel zu klein!! Das hätte man auch zehnmal so groß dort installieren können, der Platz ist vorhanden. Weiter ging es zu einem sehr erfreulichen Anblick, dem Amphibienteich, auch ganz neu, groß genug, an einer Seite mit einer sonnigen Trockenmauer und etwas Wildwuchs am Ufer. Und schon waren wir durch und wir fragten uns, ob das nun wirklich 5000 qm aufgewertete Fläche gewesen waren....??!!

Der wahre Schatz kam aber ganz zum Schluß... :biene :vogel :schmetterling1 Der Friedhof hat noch eine Erweiterungsfläche oder Arbeitsfläche oder was auch immer. Im vorderen Bereich waren Schnittgut und Pflanzenreste aufgetürmt und dahinter wurde es richtig herrlich wild. Da war ein alter Totholzhaufen aus lauter Baumstumpen, Wurzeln und zerlöcherten Stämmen, zum Teil überwuchert mit Brombeeren. Und der Haufen war riesig! Auf der anderen Seite befanden sich Flächen, wo mal Sand und Pflastersteine gelagert waren... der Sandhaufen war obendrauf bewachsen und die Wurzeln schützten ihn vor dem Abrutschen. So konnte eine wunderbare, besonnte Steilwand entstehen, alles war voller Löcher. Kleine Löcher von Wildbienen und weiter unten große Löcher von Kaninchen oder Füchsen... Die Wiese drum herum war voller trockener Pflanzen wie Rainfarn oder Natternkopf, die ihre Samen verstreuen konnten, gleichzeitig blühten Wilde Möhre und andere späte Schönheiten. Ein Naturparadies mitten in der Stadt. Hoffentlich wird dieses wilde Fleckchen niemals zugebaut. Genau so sehen ökologisch wertvolle Flächen aus und nicht wie die stickstoffreichen und falsch gepflegten angeblichen Wildblumenwiesen inmitten des Friedhofs.
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Simbienchen
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Re: Biodiversität in der Stadt

Beitrag von Simbienchen »

Toll, dass du dich so engagierst, Andrea !! :dafuer

Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass du für diesen runden Tisch eine Bereicherung bist :thumb

Derartige Zusammenkünfte braucht Menschen, die wahrhaftig für die Natur sind, in Zusammenhängen und Kreisläufen denken und wissen, welche Begebenheiten wichtig zur Unterstützung unserer Tierwelt nötig sind.

Deine Berichte finde ich super interessant, danke dass du auch noch die Zeit findest, uns damit auf dem Laufenden zu halten. Man hat sonst derartige Einblicke nicht und weiß auch gar nicht darum. Mich persönlich freuen dann auch immer besonders die positiven Berichte, das macht Hoffnung!

Pass nur auf dich auf bei all deinen Engagement, dass du nicht " ausbrennst" :knuddel
"Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann -tatsächlich ist dies die einzige Art und Weise, in der die Welt jemals verändert wurde!"
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