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[Weg] Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: So 11. Jun 2023, 14:17
von ThePilgrim
Der Versuch einer Vorstellung | Teil 1

Versuch deswegen, weil hier auch mein Weg dokumentiert werden soll, als Motivation für mich selbst. und natürlich auch als Rückschau, als Selbstreflektion, was hat geklappt, woran bin ich gescheitert, welche Lösungen gab es.

Eckdaten:

Österreich, Kärnten
3200qm, Südwest Lage auf knapp 1000 Höhenmeter mit recht großem Holzhaus
Offgrid (kein Strom, den könnte ich allerdings wieder einschalten lassen, aber v.a kein Wasser, keine Quelle, kein Brunnen, als das Haus zumindest teilweise noch bewohnt wurde, konnte man Wasser aus einer Quelle hochpumpen und es wurde in zwei 1000l Kanistern im ersten Stock des Hauses gespeichert, dieses System verwende ich derzeit für Regenwasser, sprich ich zapfe die Regenrinne an und leite Wasser in diese Kanister.

Meine Geschichte:

Ich habe ein Grundstück (plus Holzhaus) geerbt, ein 3200 Quadratmeter großes, offgrid-Gelände mit derzeit keiner Anbindung an Strom oder Wasser. Es liegt in einer Südwestlage auf 1000 Höhenmetern, knapp unter einem Berggipfel. Ein Großteil des Grundstücks ist von Haselsträuchern bedeckt und in Teilen völlig verwildert. Der Boden ist einerseits karg und felsig andererseits wurde er jahrelang bewirtschaftet. Es existiert ein gemauertes Biotop, leider ist die Teichfolie beschädigt, trotzdem herrscht dort mit nur 15cm Wasserstand unbeschwertes Leben.

Das Grundstück wurde seit fast 15 Jahren de facto unberührt gelassen und bietet viele natürliche Hotspots wie Schutthaufen, Totholz und alte Baumstämme. Jetzt sind durch meine Arbeiten in den letzten 1,5 Jahren noch Reisighaufen, der Beginn einer Totholzhecke und mehr Wasserstellen in Form von Mörteltrögen, kleinen Insektentränken und eine Sandmuschel hinzugekommen und werden zu meiner Freude massiv frequentiert.

Derzeit bestimme ich sukzessive die vor Ort wachsenden Wildpflanzen, baue kleine Hochbeete als zukünftige Ertragszone und versuche in kleinen Schritten, Teile rund ums Haus für mich herzurichten, ohne massiv das entstandene kleine Paradies für die Tier und Pflanzenwelt zu beschädigen. Außerdem beginne ich einheimische Wildpflanzen an geeigneten Plätzen auszusetzen um das 3 Zonen Konzept Schritt für Schritt umzusetzen ohne an den doch sehr herausfordernden Bedingungen zu verzweifeln. :omm

Die Challenge:

Neben den bereits erwähnten Herausforderungen, lebe ich gut eine Autostunde entfernt, weiters gibt es keine vernünftige Zufahrt, die eh sehr renovierungsbedürftige Gemeindestrasse endet einige hundert Meter vom Grundstück entfernt, dann geht es weiter auf einem unbefestigten landwirtschaftlichen Weg, welchen ich als Servitut nützen darf und dann ist Schluss, zumindest fürs Auto, somit muss ich zum Abschluss alles eine sehr steile Zufahrtsstrasse mit Hilfe eines Böllerwagens zum Haus/Garten schaffen.

Und last but not least es ist ein Eine-Frau-Projekt. Unterstützung vor Ort ist eher nicht gegeben, ja die Nachbarn bieten Hilfe beim Buschscheiden an, der Bauern beim Mähen des Grases, aber von Freunden und Familie unterstütz mich eigentlich nur meine Mutter mit Pflanzen aus ihrem Garten. Meine Geschwister leben hunderte Kilometer entfernt und sind typische Stadtmenschen, Freunde und Bekannte lächeln über mein Projekt nur milde, wollen aber bereits ihre ausrangierten Pflanzen bei mir unterbringen. Ich versuche derzeit einen (halben) Tag die Woche vor Ort zu bringen, schneide, trimme, reiße aus, setze ein, wässere und erfreue mich an den kleinen Fortschritten und versuche gewisse Aspekte völlig auszublenden. Die Aufgabe ist eigentlich zu groß, es stellt sich für Aussenstehende sicher die Frage der Sinnhaftigkeit, aber ich versuche es.
Es ist mein Weg.

Meine Motivation:

Ich würde mich gerne mit Gleichgesinnten vernetzen um von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen zu lernen und wiederum meine eigenen Erfahrungen weiterzugeben. Mir fehlt (neben Zeit und und anderen Ressourcen) ganz besonders der Austausch und das Feedback, da mein Umfeld sich größtenteils nicht für naturnahe Gärten und Biodiversität interessiert.

Anbei ein paar Bilder, aber irgendwie zeigen sie nicht das Ausmass der Aufgabe, geht auch irgendwie nicht, ich kenne in teilen nicht mal meine Grundstücksgrenzen und somit was noch in meiner Verantwortung liegt oder nicht.

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Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: So 11. Jun 2023, 17:21
von Simbienchen
Hallo Pilgrim und ein ganz herzliches Willkommen! :hallo

Welch ein Glück, solch ein schönes Stückchen Erde vererbt zu bekommen. Das hört sich richtig gut an....! :thumb

Wow, ich bewundere deine Motivation, deine Manpower und ich kann es nachempfinden, wie es ist - alleine als Frau- ein großes Grundstück zu bewirtschaften.

Für den Austausch bist du hier bei uns genau richtig, toll dass du deinen zukünftigen Hortus bei uns vorstellst ! Wir stehen dir, soweit wir können, gerne zur Seite.

Wir alle lieben es, die Entwicklung neuer Gärten zu begleiten und durch die Fotos " miterleben" zu dürfen. Die Freude zu teilen, wenn neu angelegte Module zu Lebensräumen werden und die ersten Besiedler gesichtet werden. Das ist dann pure Belohnung für all unsere Arbeit ....

Schön, dass du da bist ... :schmetterling1

Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: So 11. Jun 2023, 19:16
von Alma
Hallo Pilgrim,
Von mir auch ein herzliches Willkommen hier.
Fragen? - her damit!

Das ist ein verwunschenes Kleinod was du dort hast. Irgendwie zurückversetzt in der Zeit um 100 Jahre.
Was willst du dort machen? Was ist dein Ziel?
Willst du dort (zeitweise) wohnen können? Oder hast du Pflichten wie Mähen, Grenzen freihalten?
Oder kannst du es einfach sein lassen wie es ist?
Was ist besonders dort was du unterstützen möchtest?

Wasser scheint dort oben ein großes Thema zu sein. Die Quelle gibt es also nicht mehr und du bist auf Regenwasser angewiesen?

Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: Di 13. Jun 2023, 18:46
von ThePilgrim
Danke für das herzliche Willkommen... :thumb


...und eure Fragen, die mir helfen die Vorstellung fortzuführen.

Tja, was ist mein Ziel?!

Hortus nach der Definition des Hortus Netzwerkes werde ich meinen Garten wohl nie nennen dürfen.

Aber ich mag meinen Garten, ich mag es einfach. Ich bin gerne vor Ort, auch wenn es nur Stunden voll von Arbeit sind. Ich entdecke bei jedem Besuch Neues, es ist manchmal wie das Wachküssens aus dem Dornröschenschlaf. Unter Gestrüpp oder verwachsenen Forsythien finden sich Bauerngartenpflanzen, das hohe Gras verdeckt kleine Wildpflanzen, das Biotop beherbergt Unmengen an Leben.

Das möchte ich fördern, die Strukturen, die sich über lange Zeit entwickelt haben aber unbedingt beibehalten. Entfernen was nicht hierher gehört, Forsythien, kanadische Goldrute raus, heimische Wildpflanzen rein.

Pläne gibt es viele, aber derzeit geht es Schritt für Schritt. Eher in Minischritten.
2021 im Herbst habe ich begonnen mit einer Säbelsäge die investivsten Pflanzen vom Haus freizuschneiden, 2022 ginge im Sommer weiter mit Anschaffung eines Trimmers konnte ich endlich die Wiese mähen, eine Astkättensäge hilft beim Rückschnitt der vielen Haseln. Seit heuer wird intensiv an der Terasse 1 gearbeitet, Forsythien raus, Goldrute entfernen, Brombeergebüsch zumindest zurücknehmen.

Gestern war ich wieder vor Ort, wieder neue Pflanzen entdeckt, eine Eberesche (wo eine ist sind sicher noch mehr), viele kleine Manna-Eschen, da suche ich noch die "Mutterpflanze". Und jede Menge Pflanzen aus dem Garten meiner Mutter eingepflanzt:

Unmengen an Efeu
Borretsch
2 große Stauden Zitronenmelisse
Feldthymian
jede Menge alter Lavendelstauden, ich hoffe, die werden wieder

Leider fehlt mir meist die Zeit für Fotos, deswegen nur ein paar Snapshot von gestern...

Viel Totholz, hier 2 besonders schöne Stellen

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Sie war über mein auftauchen wohl nicht begeistert

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Intime Einblicke ;)

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Meine Eidechsenburg, sprich der Schutthaufen vom Abbau des Kamins....

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Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: Di 13. Jun 2023, 18:54
von ThePilgrim
Eines der Blindschleichen Verstecke

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Vieles möchte ich einfach so beibehalten, andere Ecken müssen "gesäubert" werden, teilweise zu viele Hasel, die keine andere Pflanze hochkommen lassen, einigen Pflanzen möchte ich definitiv mehr Raum gönnen: den Wildrosen, den Buchen, meiner Eiche...... die werden derzeit wirklich "unterdrückt".

Und mehr Zeit möchte ich dort verbringen, es gibt 2 schöne Erkerzimmer, die kann man nutzen, viele Pflichten habe ich nicht, nur die Bausubstanz zu erhalten bzw. Schäden zu beheben. ABER wenn ich gewisse Dinge, wie mähen oder Schneiden nicht mache, macht es ungefragt wer anders, und nicht so, wie ich es mir vorstelle. Deswegen Präsenz zeigen und auch auf Grenzen hinweisen nicht nur die physischen, sondern auch meine persönlichen Grenzen. :cool

Wird ein langer Weg....

Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: Mi 14. Jun 2023, 05:59
von Erebus
Sieht wie ne Schlange aus ;)

Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: Mi 14. Jun 2023, 08:59
von Gsaelzbaer
Eine Schlingnatter !

Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: Mi 14. Jun 2023, 09:53
von tree12
Konnte die Schlange zunächst nicht einordnen, sah aber nicht nach Blindschleiche oder Ringelnatter aus... Danke fürs Bestimmen, Magnus!

Gratuliere ganz herzlich zur seltenen Natter..... :blumen

Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: Mi 14. Jun 2023, 18:44
von Simbienchen
Meine Eidechsenburg, sprich der Schutthaufen vom Abbau des Kamins....
Hast du schon welche sichten können? Ich liebe sie! Den Schutthaufen musst du dann unbedingt belassen, einfach ein bisschen aufpimpen/ veredeln mit weiteren groben Steinen und Totholz.

Auf deine Erdkröte und Schlingnatter bin ich ein bisschen neidisch ;) , das spricht sehr für sich. Ein schönes Stück ruhsame Natur und auch wenn du es jetzt so empfindest, dass ein langer Weg ist, so ist doch schon sooo viel da. Manchmal ist weniger mehr und Aufräumen stört vielleicht sogar so mache Symbiose. Darum lass dir doch Zeit....beobachte und greife nicht zu brachial ein.

Hortus oder nicht, wichtig ist die Liebe zur Natur. Markus Gastl sagt immer: " Was man liebt, das schützt man!"

Re: Der Weg ist das Ziel - meine 3200qm wildes Leben

Verfasst: Mi 14. Jun 2023, 18:50
von ThePilgrim
Cleveres Kerlchen meine Schlingnatter, danke an @Gsaelzbaer fürs Identifizieren.

Die lebt nämlich quasi im Futter, als ich die Welldachplatte - unter der sich das Versteck befindet - hochhob, sind die Blindschleichen - wie immer - schnell geflüchtet und ich hab mich gefreut, dass eine liegenblieb, die ich fotografieren konnte, tja is halt nur keine Blindschleiche. :pfeiffen die leben, obwohl Fressfeinde wortwörtlich unter einem Dach.

Übrigens habe ich auch eine tolle Höhle am Grundstück, knapp unter dem Gipfel ... und trotzdem gut verborgen

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Sichtlich von Menschenhand geschaffen

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Angeblich von Fledermäusen bewohnt...als ich mich im Herbst hineingetraut habe, waren allerdings wohl alle ausgeflogen. Diesmal hat meine Klaustrophobie gesiegt und es bleib beim Foto vom geschützten Eingang aus.

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