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Hortus Praeludium

Verfasst: Di 2. Sep 2025, 19:36
von HoPrae
Hortus-Name: Hortus Praeludium

Bedeutung des Hortus-Namens: „Praeludium“ ist eigentlich ein musikalischer Begriff und bedeutet „Vorspiel“. Gewählt habe ich diesen Namen, weil ich einen Garten als immerwährendes Vorspiel sehe. Man ist nie fertig, was den Reiz des Ganzen ausmacht. Gestalten, improvisieren, innehalten, sinnieren. Der heutige Tag ist nur das Vorspiel für das nächste Jahr. Wir selbst als Mensch sind nur ein Vorspiel: Was wir heute im Garten komponieren, macht morgen den Klang. Und nach uns Stille oder Symphonie. Wir haben die Wahl. Und die Verantwortung.
Außerdem machen mein Mann und ich Musik

Dein Name: Annette
Postleitzahl: 15757
Hortus-Ort: Freidorf
Hortus-Land: D/Brandenburg
Größe in m2: 2100

Beschreibung des Hortus:

Nachdem wir das Grundstück Ende 2022 gekauft haben, begann ich ab dem Frühjahr 2023 erstmal mit einer Bestandsaufnahme der Insekten und vorhandenen Pflanzen. Sie sollten mir zeigen, wie der Garten zukünftig gestaltet werden kann, ohne vorhandene Lebensräume zu zerstören. Auf den ersten Blick handelte es sich nur um einen trockenen Sandhügel an einer Lindenallee. Doch das täuschte. Der Hügel ist tatsächlich sehr trocken, aber nur Teile davon sehr mager. Im unteren Bereich steht das Grundwasser recht hoch, dadurch gibt es auch einen eher frischen Bereich. Auf dem Grundstück lebten vor uns viele Jahre zwei Kühe, die Teilbereich heftig gedüngt haben.

Noch vor dem Hausbau habe ich eine ca. 50 Meter lange Totholzhecke mit Igeltunneln errichtet. Sie grenzt zum dahinter liegenden weitläufigen Landschaftsschutzgebiet ab, das mit einer ziemlich frei lebenden Kuhherde bewirtschaftet wird. In die Totholzhecke zog dann auch gleich ein Zaunkönig ein, was ich mich wirklich glücklich machte. Mit einer Tiefe von durchschnittlich 80cm bietet sie einen sehr guten Schutz. Neben den Zaunkönigen habe ich schon Gartenrotschwänze darin verschwinden sehen, ebenso wie Igel, die unten Geräusche machen. Wenn ich jetzt manchmal abends den Sonnenuntergang auf einem Stuhl direkt daneben genieße, höre und sehe ich das Treiben von Mäusen, die durchs Holz huschen. In dem Bereich, in dem ich außerdem stehendes Totholz arrangiert habe, sind bis zum späten Sommer unzählige Käfer, Wildbienen, Wespen und Hornissen zugange.
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Zur Straße hin (60 Meter) und vor die Totholzhecke pflanzten wir als Pufferzone als nächstes viele verschiedene heimische Sträucher: Felsenbirne, Wildapfel, Strauchefeu, Frühe Traubenkirsche, Gemeiner Schneeball, Salweide, Haselnuss, Roter Hartriegel, Rosmarinweide, Faulbaum, Wildrosen, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Schlehe, Rotbuche, Buchsbaum, Eibe, Stechpalme, Eberesche. Die Pufferzone wird immer wieder ergänzt, z.B. aktuell mit Wegedorn und weiteren Faulbäumen. Einige Sträucher mussten ersetzt werden, weil Wühlmäuse ihre Gänge unter die Sträucher verlegt hatten und auch einige der „angebotenen“ Strauchwurzeln sehr lecker fanden. Die Strecke an der Straße ist zusätzlich schwierig, weil sich die Sträucher mit den vorhandenen riesigen Linden arrangieren müssen. Ergänzt für Sichtschutz und Naschereien wurde dann noch mit Maulbeere und Mehlbeere.


Eine weitere Pufferzone mit einer Hecke entstand nach dem Hausbau oben auf dem Hügel, um zum Nachbargrundstück ein Gegenstück bei der Bepflanzung zu schaffen. Sie besteht aus heimischen Wildrosen: Hundsrose, Hechtrose, Bibernellrose, Weinrose, Essigrose, Apfelrose, Ölrose. Am erstaunlichsten ist es, dass die Apfelrose bei Sonneneinstrahlung auch ohne Blüten extrem stark nach Apfel duftet. Die ganze Ecke ist im Hochsommer davon erfüllt.

Unsere Hotspot-Zone ist oben auf dem Hügel: Vor der Wildrosenhecke halte ich die Fläche bis auf wenige Ausnahmen krautfrei, weil dort zum Glück (trotz Bau-Chaos) immer noch Blauflügelige Ödlandschrecken leben. Einige Weibchen waren auch dieses Jahr fleißig bei der Eiablage zu beobachten. Dieser Ort ist heiß, sandig und mager. Zugleich ist dieser Bereich ein natürliches Sandarium – mit unterschiedlichen bodennistenden Wildbienen und Erdwespen.

Die Wiesenfläche im unteren Garten habe ich mit einem niedrigen Naturzaun markiert, damit sie so selten wie möglich betreten wird. Damit sie artenreicher wird, pflanze und säe ich immer wieder. Von allein vorhanden waren z.B. Schafgarbe, verschiedene Sauerampfer, Kratzdiesteln, Labkräuter, Echtes Herzgespann, Kleine Braunelle. Ergänzt habe ich unter anderem: Natternkopf, Blutweiderich, Wasserdost, Wiesensalbei, Berg-Aster, Wilde Malve, Acker-Ringelblume, Karde, Kriechenden Günsel, Zieste, Leinkraut, untersch. Glockenblumen, Mädesüß, Braunwurz. Nachgepflanzt und ausgesät wird ausschließlich heimisch. Nur auf den Fledermausberg hatte ich bisher noch die vorhandenen Nachtkerzen umgesetzt, damit sie Nachtfalter anlocken. Ich probiere gerade, ob sich Natternkopf auf dieser Fläche etabliert.

Die Ertragszone besteht aus einem Rondell aus Obstbäumen: Pflaumen, Äpfel, Kirschen, Mispel, Blutpfirsich, Birne.
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Von den Kühen ist noch massenweise abgelagerter Kuhdung vorhanden, der zum Düngen wahrscheinlich noch Jahrzehnte reichen wird. Das Sensenmahdgut kommt auf einen offenen Komposthaufen, der mit einem Staketenzaun umzäunt ist. An diesem wachsen munter Kronwicke und Tomatenpflanzen. Da ich letzten Herbst eine Ringelnatter unter Totholz und bei den vielen Rundgängen vor dem Hausbau eine Blindschleiche entdeckt habe, ist die Hoffnung, dass durch die Wärme im Kompost ein neues Habitat für sie entstanden ist.
Gemulcht wird im Moment mit Lindenlaub und den fast ganzjährig anfallenden Lindenfrüchten. Ein weiterer offener Kompost befindet sich hinter unserem Gartenhäuschen, der mit Küchenabfällen und im Herbst mit überschüssigem Lindenlaub befüllt wird. Das meiste Laub wird aber nicht wie früher im Dorfcontainer entsorgt, sondern kommt einfach unter die Sträucher der unteren Pufferzone, was die Käferpopulation enorm vergrößert hat – die Igel freut’s. Wegen der vielen Wühlmäuse werden wir zusätzlich Hochbeete aufstellen, die unten mit Hasendraht geschützt sind. Unser erster Versuch mit Kartoffeln ist fehlgeschlagen und der erste gepflanzte Obstbaum wurde auch von den fleißigen Nagern angespitzt. Mitten in das Rondell hat sich ein Fuchs eine Höhle gegraben, ich hoffe, er bleibt, bis es nicht mehr genug Wühlmäuse gibt.

Ergänzt habe ich den Garten mit einem langgezogenen Käferkeller, der oben eine Stumpery beherbergt. Dass unterirdisch Leben in der Bude ist, zeigen frische Wühlmausgänge. Das freut wiederum die Maulwürfe, die dort ebenso an den aufgeworfenen Einzelhaufen zu erkennen sind.
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Damit die Wühlmauspopulation Stück für Stück in die Schranken gewiesen wird, habe ich in eine große Feldsteinpyramide ein „Mauswieselhaus“ eingearbeitet. Mal schauen, ob und von wem die Unterkunft angenommen wird.
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Zwei Wasserstellen runden die Angebote ab (bis ein Teich kommt): Ein alter, mit Teichfolie ausgestatter Mehltrog und eine eingegrabene Maurertuppe. Beides bepflanzt und wird von den Vögeln sowohl zum Baden als auch zum Trinken sehr gern genutzt.
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Zum Abfangen des Hanges haben wir ein Dachziegelmäuerchen errichtet. Die alten Ziegel verhindern das weitere Abrutschen des Sandes neben und hinter dem Haus und sind Versteck für zahlreiche Insekten. Ob in die kleinen Löcher der Ziegel Wildbienen einziehen, wird sich nächstes Jahr zeigen.

Verschiedene Vogelhäuser (Mönchsgrasmücke, Meisen) und kleine Wildbienennisthäuser zogen auch mit in den Garten ein. Unser Garten wird ganzjährig von verschiedensten Vögeln frequentiert, da wir Samenstände stehenlassen. Derzeit ziehen z.B. große Sperlingstrupps regelmäßig durch, die sich an die langen Samenstände der Sauerampfer hängen. Ich hoffe, sie lassen für die Distelfinken genug übrig, die immer erst etwas später im Jahr loslegen.

Fertiggestellt bekommen wir aktuell nun auch endlich das Gründach auf unserem Carport. Durch die Größe und die vielen zu treffenden Entscheidungen ging alles viel langsamer als gedacht. Ursprünglich wollte ich nur heimische Hauswurze pflanzen. Aber da die Artenvielfalt dann doch recht gering und die Chance vertan wäre, sind es nun: Wiesensalbei, Wildtulpen/Narzissen/Krokusse (wurden unten im Garten leider auch Wühlmausfutter), Kugelblumen, Steinquendel, Zwerg-Glockenblumen, Pfingstnelke, Spinnweb-Dachwurz. Da ich auf den Fensterbrettern noch andere heimische Dachwurze habe, werden die Ableger in den nächsten Jahren sicher auch auf dem Gründach landen.

Meinen Kindheitstraum werde ich nächstes Jahr umsetzen: Einen Diestelgarten. Die schönste Erinnerung ist für mich, wie ich vollkommen stillstehend in einem wilden Eck des Sees meiner Heimatstadt stand und mir die Vielfalt an Schmetterlingen anschaute. Dafür habe ich sogar Musikschule geschwänzt und den Ärger danach zuhause wegen zerkratzter Beine ertragen. Ackerkratzdisteln, Karde und eine Eselsdistel habe ich schon, aber das reicht mir nicht.

Der Garten und das Entdecken und Beobachten immer neuer Insekten und auch Pflanzen ist für mich ein täglicher Quell von tief empfundener Freude.

Re: Hortus Praeludium

Verfasst: Di 2. Sep 2025, 20:10
von tree12
Herzlich willkommen im Forum! :hallo

Was für eine tolle und ausführliche Beschreibung eines wundervollen und lebendigen Gartens... :bravo Das mit den Ödlandschrecken klingt ja fabelhaft, gratuliere!

Bei der Erwähnung des Fuches mußte ich schmunzeln. Was für ein Glück, einen flinken und effektiven Maus/Wühlmausjäger direkt vor der Nase zu haben. Noch viel zu wenig bekannt ist die Tatsache, daß Füchse indirekt sogar die Zeckenplage eindämmen. Ihre Beute, die Mäuse sind oft mit jungen Zecken übersät, die sie in die Welt hinaustragen.

Ich erinnere mich an die Erzählung in einem anderen Forum, wo eine Userin im Wohnviertel bemerkt hatte, daß auf einem unbebauten Grundstück eine Füchsin mit ihren Jungen wohnte. Da brach sofort Panik aus und die Frau wollte wissen, wen man verständigen müßte... Es gibt keinen effektiveren Mäusejäger als eine Füchsin, die ihre Jungen versorgen muß. Im Handumdrehen hat sie das ganze Maul voller Mäuse und trägt sie zu ihrem Bau.

Und dann der geplante Distelgarten... was für eine schöne (und ein bißchen mutige) Idee! :schmetterling1 :biene

Re: Hortus Praeludium

Verfasst: Di 2. Sep 2025, 20:57
von HoPrae
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Die frische Wildrosenhecke als kleine Pufferzone mit dem natürlichen Sandarium für Ödlandschrecken, Wildbienen und Erdwespen.

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An den Staketenzaun vor dem Kompost hatte ich Kronwicken gepflanzt. Eigentlich mit dem Ziel, noch mehr Bläulinge anzulocken. Aber Wollbienen und Widderchen finden die auch interessant. Ebenso Gottesanbeterinnen, die dieses Jahr vermehrt zu finden waren. Im ersten Jahr wusste ich noch nicht viel über diese faszinierenden Insekten und habe eine Oothek mit Bauschaum verwechselt :D

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Totholz ist überall im Garten verteilt. Von Ameisen, über Käfer, Wespen, Hornissen und Wildbienen werden die stehenden und liegenden Stamm- und Wurzelelemente extrem gut angenommen. Interessant sind auch die verschiedenen Pilze, von denen sie besiedelt werden.

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Steine erfüllen in unserem Garten die unterschiedlichsten Aufgaben. Hier das innere der Steinpyramide mit Mauswieselhaus und die Dachsteine, die den Hang absichern. Im besonnten Bereich bepflanze ich sie nach und nach mit Ablegern meiner Hauswurze. Für den schattigen Bereich muss ich noch Pflanzen suchen, die mit Sand und wenig Licht klarkommen. Diese Stauden werden dann davor gesetzt. Stellenweise muss der Sand auch Lehmanteile haben. Fast die ganze Reihe lang konnte ich mit dem Spaten Steilwände stechen. Wie vermutet, wurden sie innerhalb einer Stunde entdeckt und den halben Sommer über von Wildbienen und Erdwespen genutzt. Diesen Bereich lasse ich also so, er wird nicht bepflanzt.

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Und da ich im Garten und rund ums Haus so gern Insekten beobachte, hier ein ganz kleiner Ausschnitt aus den letzten Tagen: Bäckerbock, Säbel-Dornschrecke, Variabler Rosenkäfer, Rosenbürstenhornwespen-Raupen, Waldmistkäfer, Haseleule, Malvenwanzen, Pilz-Marienkäfer, Goldglänzender Rosenkäfer, Blattschneidebiene, Gottesanbeterin, Blauflügelige Ödlandschrecke, Feldgrille, Kiefernblatthornbuschwespen-Raupen, Obelisken-Erdeule, Italienische Schönschrecke, Schlehen-Bürstenspinner, Hosenbiene, Schwarzer Schneckenjäger, Waldbock, Rotgestreifte Kugelspinne, Vierbindiger Schmalbock, Graubinden-Labkrautspanner.

Re: Hortus Praeludium

Verfasst: Do 4. Sep 2025, 12:41
von Simbienchen
Ein wunderschöner Hortus! Wie wahr deine ersten Sätze zur Einleitung...

Herzlich Willkommen in unserem Forum :blumen ...und vielen lieben Dank für diese wunderbare Vorstellung!

Re: Hortus Praeludium

Verfasst: Sa 6. Sep 2025, 08:28
von Polarwelt
Hallöchen Annette,

herzlich Willkommen im Forum. Ich habe Deinen Hortus eingetragen und vorgestellt. :schmetterling1

Viel Spaß weiterhin im Hortus-Netzwerk. :hurra

LG Robert

Re: Hortus Praeludium

Verfasst: Sa 6. Sep 2025, 09:35
von HoPrae
Polarwelt hat geschrieben: Sa 6. Sep 2025, 08:28 Hallöchen Annette,

herzlich Willkommen im Forum. Ich habe Deinen Hortus eingetragen und vorgestellt. :schmetterling1

Viel Spaß weiterhin im Hortus-Netzwerk. :hurra

LG Robert
Vielen Dank, die Eintragung als Hortus macht mich gerade wirklich glücklich :hurra