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Xanthoria parietina

Gewöhnliche Gelbflechte – Xanthoria parietina

Xanthoria parietina

 

Die Gewöhnliche Gelbflechte ist eine blattförmige Flechte.

Für Deutschland sind etwa 1700 verschiedene Flechtenarten bekannt, von denen über die Hälfte mehr oder minder stark im Bestand gefährdet sind. Wichtigste Gefährdungsursachen sind Luftschadstoffe aus Verbrennungsprozessen – Industrie, Hausbrand, Verkehr -, Nährstoffeinträge insbesondere aus der Landwirtschaft sowie die unmittelbare Zerstörung von Lebensräumen. Nicht selten werden Flechten völlig zu Unrecht als Baumparasiten betrachtet oder an Mauern und Grabsteinen aufgrund übertriebenem Sauberkeitsdenken vernichtet.

Dabei sind Flechten aufgrund ihrer speziellen Biologie für den Menschen von großem praktischem Nutzen. Flechten sind Doppelorganismen, die aus einem Pilz und einer Alge bestehen. Pilz und Alge bilden eine nahezu perfekte, allerdings labile Lebensgemeinschaft. Ihren Wasser- und Nährstoffbedarf decken Flechten nicht über Wurzeln, sondern durch direkte Aufnahme aus der Luft.

Das Lager bildet bis zu 10 Zentimeter große Rosetten aus. Die Lappen sind flach bis leicht konkav, 1 bis 5 Millimeter breit, gegen die Enden verbreitert bis abgerundet sowie anliegend und einander mehr oder weniger überlappend. Die Oberseite ist glatt bis runzelig und orangegelb, dottergelb bis gelblichgrün, nach Norden bzw. im Schatten wird sie grüner oder bekommt einen Grauton. Die Unterseite weist wenige, einfache, helle Haftfasern auf und ist weißlich. Die Fruchtkörper (Apothecien) sind fast immer vorhanden. Sie sind bis 4 Millimeter groß, sitzend bis schwach gestielt und weisen einen deutlichen Lagerrand auf. Sie sind gehäuft in der Lagermitte zu finden. Die Scheibe ist orange und dunkler. Sowohl der Thallus als auch die Apothecien reagieren weinrot mit Kalilauge.

Die äußere Schicht der Flechte (Cortex) besteht aus dicht gepackten Fäden (Hyphen), die das Lager gegen Wasserverlust infolge Verdunstung wie auch gegen starke Strahlung schützen. Die Dicke des Lagers variiert mit dem Habitat, in dem die Gewöhnliche Gelbflechte wächst: An schattigen Stellen ist das Lager viel dünner als an Stellen, die dem vollen Sonnenlicht ausgesetzt sind. Dadurch werden die Algenpartner geschützt, da sie keine hohen Lichtintensitäten vertragen. Die gelbe Farbe wird durch das Anthrachinon Parietin hervorgerufen, das in Form winziger Kristalle in der obersten Schicht des Cortex eingebettet ist. Die Parietin-Synthese wird sowohl durch UV-Strahlung als auch durch die Algenpartner gefördert.

Da die Gewöhnliche Gelbflechte keine vegetativen Ausbreitungsorgane entwickelt hat, muss die Symbiose zwischen Pilz und Algen in jedem Reproduktionszyklus neu geschaffen werden. Dafür scheinen die zwei Hornmilbenarten Trhypochtonius tectorum und Trichoribates trimaculatus verantwortlich zu sein, die auf der Gewöhnlichen Gelbflechte leben. In ihrem Kot finden sich sowohl Ascosporen als auch Algenzellen. Man nimmt an, dass die Ausbreitung der Gewöhnlichen Gelbflechte durch diesen Kot erfolgt.

Die Blattflechte ist charakteristisch für stark gedüngte Orte. Meist ist sie an der Borke von Laubbäumen anzutreffen, wächst bei hoher Verfügbarkeit an Nährstoffen aber auch auf Mauern, Betonplatten, Steinen oder gar auf verrostetem Blech. Sie findet sich in ganz Europa mit Ausnahme der Arktis, in Nordamerika, Asien, Afrika und Australien.

Die Raupen folgender Schmetterlingsarten sind von der Flechte als Nahrungsquelle abhängig:

  • Elfenbein-Flechtenbärchen (Cybosia mesomella)
  • Kleiner Flechtenbär (Setina aurita)
  • Gewöhnlicher Flechtenbär (Eilema complana)
  • Rosaroter Flechtenbär (Miltochrista miniata)
  • Rotkragen-Flechtenbärchen (Atolmis rubricollis)
  • Trockenwiesen-Flechtenbär (Eilema lutarella)
  • Vierpunkt-Flechtenbärchen (Lithosia quadra)

Die Gewöhnliche Gelbflechte ist häufig in Gebieten mit intensiver Tierhaltung anzutreffen, da sie von der hohen Belastung der Luft an Stickstoffverbindungen profitiert. Sie gehört zu den wenigen Flechten, die sich in den letzten Jahren sehr rasch ausbreiten. Sie ist sehr tolerant gegenüber Luftverschmutzung, sowohl in Bezug auf Bisulfite wie auch auf Schwermetalle. Daher ist sie kein Indiz für gute Luftqualität.

Ein wässriger Extrakt der Gewöhnlichen Gelbflechte hat gute antivirale Eigenschaften. Er verhindert die Vermehrung des humanen Parainfluenzavirus vom Typ 2. Die Gewöhnliche Gelbflechte war als Lichen parietinus früher offizinell und wurde anstelle der Chinarinde gegen Malaria eingesetzt.

Diese Art wurde zur Flechte des Jahres 2004 gewählt.

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