Das Recht zum Töten?

Markus Gastl

Das berühmte Kindchen-Schema, von Konrad Lorenz beschrieben, große Augen, runder Kopf, weiche Ohren, also generell putziges Aussehen verleitet viele Menschen zu einer voreingenommenen Betrachtung der Einzelbestandteile der Natur und somit einem Übersehen eines großen Problems.

Das Problem von gestörten ökologischen Wechselbeziehungen im Allgemeinen und der Beute-Räuber-Beziehung im Besonderen.

Die Natur hat eine Vielzahl eigener Gesetze, die uns hart erscheinen mögen, aber immer sinnvoll sind und ein stabilisierendes Netz für die Gesamtheit ergeben. Jedes Einzelglied ist wichtig und kann das Ganze erhalten, jedoch bei Nichtvorhandensein oder Massenvermehrung das System zum Zusammenbrechen zwingen.

Mehr zur Ökologie und dem Missbrauch dieses Begriffes finden Sie hier

Immer wieder passiert es, dass ein Aufschrei des Entsetzens demjenigen entgegenschlägt, der in entgleiste Systeme eingreift und vielleicht vermeintlich liebe Tierchen tötet. Ein regelmäßiger Applaus gilt aber demjenigen der medienwirksam im Winter ein Kitz (da outet sich schon der Laie, ein Kitz hat ein gepunktetes Fell und wird im Frühjahr geboren), also sagen wir besser ein Reh mit großen Augen, runden Kopf und weichen Ohren aus einem Fluss zieht und sich am besten in Polizeiuniform dabei ablichten lässt.

Was ist hier passiert?

Die meisten ökologischen Nahrungsketten und -netze sind in sich zusammengebrochen, seitdem die großen Räuber (Bär, Wolf, Luchs, Wildkatze…) ausgerottet wurden und die kleinen Räuber (Marder, Wiesel, Eulen, Greifvögel…) wegen Lebensraumzerstörung immer seltener werden. Die genialen Beutetiere, allen voran die vermehrungsfreudigen Nagetiere, können diese Leerräume nutzen und sind zahlenmäßig auf dem Vormarsch. In vielen Bereichen sind die Schäden deutlich sichtbar:

  • Wildblumensamen können gar nicht mehr keimen, da schon vorher aufgefressen
  • Jungpflanzen werden so stark geschädigt, dass ein Fortkommen nicht mehr möglich ist
  • Blumenzwiebeln sind als hochwertige Nahrung besonders gefragt und kaum längere Zeit zu halten

Die gleiche Dynamik ist draußen in der Flur und dem Wald anzutreffen. Hier agieren Reh, Hase, Schwein und verändern grossflächig die Vegetationszusammensetzung. Gehütet und im Winter durchgefüttert um ja keine Bestandseinbußen hinnehmen zu müssen und eine von jagbarem Wild belebte Flur vorweisen zu können.

Aber natürlich nachwachsender Wald muss heute durch Einzäunung geschützt werden.

Markus Gastl

Kehren wir also zu der Maus zurück, der Waldmaus wohlgemerkt, unsere häufigste Maus, die nur nachts unterwegs ist. Die Wühlmaus oder die Feldmaus ist für den hier beschriebenen Schaden (Verlust von Blumenzwiebeln) nicht verantwortlich. Gerade in so einem warmen Herbst wie 2010 gibt es noch eine späte Vermehrung der Waldmäuse und somit dementsprechend Bedarf an winterlichen Futtervorräten. Die Krokustriebe werden abgebissen oder Zwiebeln ausgegraben und in eine Erdhöhle verfrachtet. Das passiert immer, wenn die Temperaturen im Spätherbst und Winter über 0 Grad liegen und vor allem nur nachts.

Aus den oben ersichtlichen Gründen und der Annahme, daß andere Tiere und Pflanzen auch eine Berechtigung zum Leben haben, nehme ich mir das Recht heraus, die überzähligen Waldmäuse zu töten, giftfrei, schmerzlos und schnell.

Ganz ehrlich, es wäre mir lieber eine Schleiereule oder ein Mauswiesel könnte sich seinen Anteil holen und mich arbeitsmäßig entlasten. Um diese Tiere vor dem Aussterben zu retten, müssen viel mehr Menschen ihren Garten so gestalten wie ich, 6000m2 sind für diese Räuber (und all die anderen “Bösewichte” wie Habicht, Sperber, Kauz, Uhu, Fuchs, Iltis, Dachs, Fischotter usw.) nicht genug. Kleinnager brauchen aber nur 100 m2 um sich erfolgreich zu vermehren.

Deswegen sollten wir immer versuchen ökologisch zu denken und zu handeln, auch wenn es Opfer fordert… Genauso wie in der Natur.


Autor:
Markus Gastl
Hortus-Insectorum.de

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